Kommt die Corona-Impfpflicht am Ende doch?

Stand: 23.11.2021, 09:43 Uhr

Eine allgemeine Impfpflicht gegen Corona hat die Politik bislang immer abgelehnt. Doch angesichts dramatisch steigender Zahlen setzt allmählich ein Umdenken ein.

Von Sabine Meuter

Lange Zeit waren es die Pocken, die für Angst und Schrecken sorgten. Inzwischen ist das Geschichte. Die Infektionskrankheit gilt als besiegt – dank einer allgemeinen Impfpflicht.

Beim Coronavirus hingegen hatte sich die Politik sich schon früh gegen eine Impfpflicht festgelegt. Sie sei so gar nicht mit dem Selbstbestimmungsrecht eines jeden zu vereinbaren. Doch die Front derjenigen, die die allgemeine Impfpflicht ablehnen, wackelt. Was an den rasant steigenden Corona-Infektionszahlen liegt.

Gutes Zureden allein reicht wohl nicht

Wie dringlich die Sache ist, zeigt die aktuelle Impfquote. Sie liegt in Deutschland derzeit bei rund 70 Prozent. Das reicht aber nicht, um das Virus in den Griff zu bekommen. Laut Medizinern müsste die Quote mindestens auf 85 Prozent klettern, und zwar schnell.

Mit gutem Zureden allein ist das wohl nicht zu schaffen. Das wird nun auch der Politik klar. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zum Beispiel schließt eine allgemeine Impfpflicht, wie sie ab Februar in Österreich geplant ist, grundsätzlich nicht mehr aus.

Auch der stellvertretende NRW-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) hält eine Corona-Impfpflicht für alle jetzt doch für möglich. Er sagte bei "hart aber fair" im Ersten, er habe lange Bedenken gehabt - auch juristische, die seien jetzt aber ausgeräumt.

Kretschmann und Söder werben für Impfpflicht

Aus dem Süden der Republik kommen weitaus deutlichere Botschaften: "Eine Impfpflicht ist kein Verstoß gegen die Freiheitsrechte", schreiben die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Bayern, Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU) in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Dienstag). "Vielmehr ist sie die Voraussetzung dafür, dass wir unsere Freiheit zurückgewinnen."

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Impfpflicht als "Ultima Ratio"

Zuvor hatte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), derzeit Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz, im Deutschlandfunk eine allgemeine Impfpflicht eine "Ultima Ratio" genannt. Er sei überzeugt davon, dass sie die Pandemie beenden könne und man so aus der Endlosschleife der Einschränkungen herauskomme.

Bei SPD und Grünen gibt es ebenfalls Signale für eine Impfpflicht. Die SPD-Bundestagsfraktion wollte in einer internen Videokonferenz das Für und Wider mit Wissenschaftlern wie dem Virologen Christian Drosten diskutieren. Selbst die FDP, lange entschieden dagegen, lenkt ein: Zumindest für die Beschäftigten bestimmter Einrichtungen wie Pflegeheime müsse es eine Impfpflicht geben.

Kanzleramtschef Braun ist dagegen

Es gibt allerdings auch warnende Stimmen. Eine Impfpflicht kommt aus Sicht des geschäftsführenden Kanzleramtschefs Helge Braun (CDU) nicht infrage. Eine solche Pflicht habe es bisher nur gegeben, wenn die Weltgesundheitsbehörde (WHO) "die Ausrottung einer infektiösen Krankheit ausgerufen hat“, sagte er im Radiosender SWR2.

Das werde bei Corona nicht gelingen. Als Grund nannte Braun, der auch für den CDU-Vorsitz kandidiert, dass das Virus sowohl beim Menschen als auch bei Tieren vorkomme und deshalb dauerhaft bleiben werde.

Keine Schranken im Grundgesetz gegen Impfpflicht

Aber wäre eine Impfpflicht überhaupt verfassungsrechtlich möglich? Im Prinzip ja, sagte Franz Mayer, Professor für öffentliches Recht an der Universität in Bielefeld, der "Aktuellen Stunde". Im Grundgesetz gebe es keine "absoluten Schranken gegen eine allgemeine oder partielle Impfpflicht".

Es komme auf die guten Gründe an. Wobei gute Gründe allein noch nicht reichten - es müsse verhältnismäßig sein. Der Bundestag müsse per Gesetz den Weg für eine Impfpflicht freimachen, sagte Mayer. Das dauere allerdings etwas. Von jetzt auf gleich geht es jedenfalls nicht.

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