Schon lange vor den tollen Tagen hatten Experten gewarnt, dass die erste Session seit Jahren ohne Corona-Einschränkungen ein "Superspreader-Event" werden könnte. Diese Befürchtung scheint sich nun zu bestätigen. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstagabend in seinem Wochenbericht eine deutliche Zunahme der Corona-Infektionen. Die Inzidenzwerte seien "in Regionen mit stärkeren Karnevalsaktivitäten" besonders stark gestiegen, betonen die Wissenschaftler.
In Nordrhein-Westfalen stieg die landesweite Inzidenz im Vergleich zur Vorwoche demnach um satte 35 Prozent. Besonders betroffen ist erwartungsgemäß die feierfreudige Generation zwischen 20 und 29 Jahren.
Ähnliche Zahlen wurden auch aus anderen Bundesländern mit einer lebendigen Karnevals-Tradition gemeldet: Rheinland-Pfalz und Saarland. Dabei handelt es sich allerdings nur um die Auswertung von Infektionen, die durch einen PCR-Test im Labor bestätigt wurden. Weil nur noch ein Bruchteil der Infizierten einen solchen PCR-Test vornehmen lässt, dürfte das wahre Ausmaß der Infektionen erheblich höher liegen.
Beispiel Köln: Aktuell liegt die offizielle Inzidenz in der Domstadt bei 330 Infektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Wie eine Stadtsprecherin dem WDR am Freitag sagte, geht das örtliche Gesundheitsamt derzeit davon aus, dass die wahren Infektionszahlen zehn Mal so hoch liegen. Dabei handle es sich ausdrücklich um eine Schätzung, die aber durch weitere Datenquellen gestützt werde.
Abwasser-Untersuchungen zeigen Trend nach oben
Eine dieser Datenquellen ist die systematische Untersuchung von Abwasser auf Corona-Viren, die seit einigen Monaten in 15 Kläranlagen in NRW stattfindet. Das Landeszentrum Gesundheit NRW wertet die Messergebnisse aus und berichtet im Zwei-Wochen-Takt über die aktuellen Entwicklungen.
Die Ergebnisse könnten nicht deutlicher sein: Stand 22. Februar (Aschermittwoch) war die Viruslast an 14 von 15 Messstellen im Vergleich zum 8. Februar sehr stark angestiegen - um 15 Prozent oder mehr. Stabile Zahlen wurden nur aus Bottrop gemeldet.
Neuere Zahlen liegen noch nicht vor: Seit Aschermittwoch dürfte sich diese Entwicklung aber fortgesetzt haben. Infektionen, die sich Feiernde zum Höhepunkt des Straßenkarnevals zwischen Weiberfastnacht bzw. Altweiber und Veilchendienstag eingefangen haben, wurden im aktuellen Abwasser-Monitoring zum großen Teil noch nicht erfasst - denn in der Regel dauert es einige Tage von der Infektion bis zum Ausbruch der Erkrankung.
Die Infektionen verlaufen relativ mild
Aber es gibt auch gute Nachrichten: Die aktuelle Infektionswelle scheint relativ mild zu verlaufen. Bei der Zahl der Krankenhauseinweisungen gebe es keine auffälligen Veränderungen, heißt es aus dem RKI. Auch die Zahl der Arztbesuche wegen akuter Erkrankungen der Atemwege sei nicht höher als in Vergleichszeiträumen vor der Pandemie.
Auch deshalb gab NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) vor wenigen Tagen Entwarnung. Solche Zahlen hätte er sich vor drei Jahren gewünscht, sagte Laumann. Allein in NRW sind seit 2020 mehr als 31.000 Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben.
Grippewelle kommt noch dazu
Dass zurzeit in vielen Betrieben ein relativ hoher Krankenstand verzeichnet wird, dürfte nach Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in NRW auch an einer saisonalen Grippewelle liegen. Belastbare Zahlen gibt es aber auch in diesem Bereich noch nicht. Laut KV Westfalen Lippe sind die Arztpraxen in der Region seit den Karnevalstagen zwar gut ausgelastet - einen echten Ansturm habe man aber nicht registriert.