Betroffen sind vor allem Berufsgruppen wie Kita-Erzieherinnen, Lehrer und Polizisten. Das Paul-Ehrlich-Institut hatte die Aussetzung der Impfungen mit dem britisch-schwedischen Vakzin mit einer auffälligen Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenen-Thrombosen begründet.
In Deutschland waren bis Dienstag deutschlandweit mehr als 1,6 Millionen Menschen mit Astrazeneca geimpft worden. In NRW haben damit bisher 368.160 Menschen eine Erstimpfung erhalten - nur 139 davon auch die zweite.
Der Düsseldorfer Mediziner und Fachjournalist Christoph Specht sagte WDR2, man sei nach dem Auftreten von sieben Thrombose-Fällen in einem kurzen Zeitrahmen hellhörig geworden. Dass die jetzt aufgetretenen Nebenwirkungen näher untersucht würden, sei vom Prinzip her das richtige Verfahren.
Münster besonders betroffen
Für die Impfzentren in NRW ist das Aussetzen des Impfstoffs keine gute Nachricht. Sie müssen die Termine für all jene absagen, die bis Sonntag den Impfstoff von Astrazeneca erhalten sollten. Besonders hart trifft es Münster. Dort sollten in den kommenden Tagen 10.000 Dosen Astrazeneca verimpft werden, so viele wie nirgendwo sonst in Westfalen. Die Städteregion Aachen bat die priorisierten Berufsgruppen, möglichst erst gar nicht zum Termin zu kommen, auch ohne offizielle Absage.
Alleine in Bonn mussten 5.500 Termine storniert werden. Im Kreis Düren waren bis Freitag 2.000 Impfungen mit Astrazeneca geplant, in Siegen sogar 1.000 pro Tag. Die Betroffenen wurden wie in Aachen über die Absagen informiert. Das sei zeitnah geschehen und mit dem Hinweis, dass das NRW-Gesundheitsministerium die Absage der Impftermine verfügt habe, sagte ein Sprecher des Kreises Düren. Nachfragen habe es nur vereinzelt gegeben.
Politik muss Impfstoff-Lücke schließen
Die Kölner Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung zeigte Verständnis für den Schritt, das Weiterimpfen mit Astrazeneca bis zum Vorliegen weiterer Erkenntnisse auszusetzen. Der KV-Vorsitzende Jürgen Zastrow forderte, die Politik müsse für eine schnellere Lieferung anderer Impfstoffe sorgen, um die Lücke zu schließen. Gravierende Verzögerungen erwartet er für Köln allerdings nicht, da noch anderer Impfstoff vorhanden sei.
Laut Stadt Köln sind bis einschließlich Samstag alle 8.706 Astrazeneca-Impftermine abgesagt worden. Die Biontech-Impfungen fänden planmäßig statt.
Nach Aussage der Städteregion Aachen und des Kreises Düren ist es kurzfristig nicht möglich, Impfstoffe anderer Hersteller in größerer Menge als Ersatz zu bekommen. Das betonten auch die Stadt Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis. Die vorhandenen Impfstoffe seien für die Menschen ab 80 reserviert, die bereits Termine bekommen hätten.
Bürgermeister aus Remscheid: Menschen verlieren Vertrauen
Auch im Ruhrgebiet und im Bergischen Land ist die Impfkampagne erst einmal gebremst worden. Der Oberbürgermeister von Remscheid, Burkhard Mast-Weisz, nannte das Chaos um den Impfstoff völlig unverständlich. Die Menschen verlören das Vertrauen in die Entscheidungen des Bundes. Man erwarte nun eine klare und für die Bevölkerung nachvollziehbare Impfstrategie. Auch im Kreis Höxter herrscht Ratlosigkeit. Dort sollte Ende März mit der Impfung in Hausarztpraxen begonnen werden. Ob das möglich ist, ist nun offen.
Warten auf neue Bewertung
Die Verantwortlichen in den Kommunen blicken nun auf den Donnerstag. Dann soll es eine neue Einschätzung des Astrazeneca-Impfstoffs und eine Bewertung der Thrombose-Fälle geben. Sollte der Impfstoff länger ausfallen, ist völlig offen, ob und wann die abgesagten Impftermine nachgeholt werden können. Die einzig positive Nachricht gibt es für Menschen über 80 Jahren. Da sie andere Impfstoffe erhalten, können ihre Termine in den Impfzentren und auch in den mobilen Teams weiter wie verabredet stattfinden.