Fachkräftemangel in der Gastronomie

"Heute leider geschlossen": Der Gastronomie fehlt das Personal

Stand: 17.10.2023, 20:25 Uhr

Wie sieht die Lage in der Gastronomie aus? Nicht gut, sagt eine neue Studie der Gewerkschaft NGG. Sie fordert gegen Personalmangel eine deutlich bessere Entlohnung.

Die Situation ist nicht neu: Wer an Cafés vorbeigeht, kennt die Schilder mit der Aufschrift "Wir suchen Servicekräfte". Wer ein Restaurant besucht, hat es möglicherweise schon selbst erfahren: Mit der Bedienung dauert es manchmal länger, auf der Karte wird weniger angeboten.

Bereits im Sommer haben in NRW zum Beispiel die Kölner Wirte Alarm geschlagen und an den Bundeskanzler einen sogenannten Brandbrief mit dem Titel "Hilfe, wir sterben aus!" geschrieben. In Münster hatte das Traditionshaus "Stuhlmacher" im Juni die Öffnungszeiten reduziert und sich zur Sonntagsschließung entschieden.

Gastro-Studie: Noch nicht von Corona erholt

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten (NGG) hat zur Lage Gastronomie am Dienstag eine neue Studie vorgestellt, die von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erarbeitet worden ist. Darin wurde auch untersucht, wie sich die Beschäftigungssituation im Gastgewerbe durch die Corona-Pandemie verändert hat.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse:

  • Vor der Corona-Pandemie gab es laut Studie im deutschen Gastgewerbe stetig wachsende Umsatz- und Beschäftigungszahlen. Damals hatten mehr als zwei Millionen Menschen in der Branche gearbeitet.
  • Laut Studie hatte sich im ersten Pandemiejahr mehr als jeder Vierte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte entschieden, den Job zu wechseln.
  • Viele Hotelfachleute, Köche und Servicekräfte haben sich dann einen Job im Einzelhandel gesucht, im Logistik-Bereich oder in einer Arztpraxis.
  • Zwar haben sich demnach die Umsätze im Gastgewerbe nach dem Abebben der Pandemie wieder erholt. Aber das Niveau von 2019 sei noch nicht wieder erreicht worden.
  • Auch im vergangenen Jahr haben laut der Studie immer noch 100.000 Beschäftigte weniger im Gastgewerbe gearbeitet als vor der Pandemie.

Die Autoren der Studie stellen deshalb die Frage, ob und wie sich diese Personallücke weiter schließen lasse.

NGG fordert 3.000 Euro Einstiegslohn

Für die Gewerkschaft ist klar, was passieren muss: "Das Gastgewerbe braucht den Neustart: Die Löhne müssen rauf, die Arbeitszeiten runter", sagt der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler. Tarifverträge müssten endlich für alle gelten. "Wenn dieses Signal ausbleibt, werden wir wegen Personalmangel in Zukunft noch öfter vor geschlossenen Türen stehen."

Konkret fordert die Gewerkschaft für ausgebildete Köchinnen und Köche sowie für Restaurant- und Hotelfachleute als Einstiegsgehalt mindestens 3.000 Euro brutto pro Monat.

Restaurant-Betreiberin in Unna: Viele wollen schwarz arbeiten

Wie schwierig es in der Praxis sein kann, Service-Personal zu finden, zeigt sich unter anderem im Restaurant "Refugio" in Unna. Vor einem Jahr hat eine der Servicekräfte aufgehört. Seitdem sind Katja Vogt und ihr Mann auf der Suche nach Ersatz.

Bewerber für den Service gebe es zwar. Viele wollten aber schwarz arbeiten und machten das auch direkt klar. Früher sei das eher durch die Blume gesagt worden, meint Inhaberin Katja Vogt. "Und dass das jetzt mit so einer Unverfrorenheit gesagt wird, das finde ich einfach nur frech."

Und einen weiteren Punkt spricht Vogt an: "Ich habe Bewerber, die rechnen mir genau vor, wie viel Bürgergeld sie inklusive aller Nebenleistungen bekommen." Sie zahle allen Mitarbeitern mehr als den Mindestlohn. Dennoch sei es "nicht darstellbar, eine Chance zu haben, wenn die Menschen so unterstützt werden."

Vogt stellt klar, sie finde das Bürgergeld gut – aber nicht die, die es ausnutzten. Bei den Löhnen sei ihr Spielraum eingeschränkt. "Ich müsste das dann irgendwie auf die Speisen und Getränke umlegen", sagt die Restaurant-Betreiberin. "Und das ist nicht darstellbar. Die Leute haben auch nicht unendlich Geld zur Verfügung."

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Kommentare zum Thema

7 Kommentare

  • 7 Isso 18.10.2023, 13:11 Uhr

    Das wird zwangsweise immer schwieriger werden. Die Boomergeneration geht jetzt so nach und nach in Rente und dann folgen erstmal nur geburtenschwache Jahrgänge. Und es ist ja nicht nur die Gastro und Hotellerie betroffen, sondern der gesamte Arbeitsmarkt. Das spürt auch jeder Ausbildungsbetrieb. Und wenn der junge Mensch dann die freie Auswahl hat, kann ich jeden vollkommen verstehen, der sich gegen schlechte Arbeitszeiten, schwere körperliche Arbeit, echt miesen Lohn und - leider oft gerade in Ausbildungsbetrieben - schlechten Umgang, entscheiden. Da sagt man eben schneller Tschüß und sucht sich was anderes. Gerade in kleineren und mittelständischen Betrieben sind gute Personalakquise und -bindung oftmals noch immer Fremdwörter. Wer sich hier dem Markt nicht anpasst, wird schlicht und einfach zumachen müssen.

  • 6 Frank 18.10.2023, 08:29 Uhr

    In den 80er hat eine Restaurantfachfrau 2.000-3.000 DM verdient. Miete für 3 Personen 500 DM. Heute Gehalt mit viel Glück 2000€ und Miete 1000€. Findet den Fehler.

  • 5 Frank 18.10.2023, 08:22 Uhr

    3000€ Brutto ist ein schlechter Witz und mehr nicht. Das sind ganz knapp über 2000€ Netto. Hier wird teilweise mehr bezahlt. Für einen Single reicht das aber bei weitem nicht aus um Gut davon leben zu können. Für ein Auto reicht das erst recht nicht. Das mit dem Personalmangel wird sich nicht bessern, wenn man nicht genug verdienen kann um sich evt. nach 20 Jahren ohne Erbe eine Selbstständigkeit oder Wohneigentum Leisten kann. Das fängt bei mindestens 5000 Brutto an. Jeder der weniger als 2600€ Netto/ 4000€ Brutto hat darf sowieso als Rentner aufstocken. Dann für 3k Netto so eine harte Arbeit? Nein Danke. Grüße vom gelernten Koch

  • 4 Brotmaker 18.10.2023, 00:04 Uhr

    Schlechte Bezahlung, schlechte Arbeitsbedingungen und weniger Urlaub von den Arbeitszeiten garnicht zu reden. Selber schuld liebe Wirte! Wer sein Personal nicht fair behandelt findet keins.

  • 3 Oliver Höllein 17.10.2023, 22:17 Uhr

    Ich war bisher der Meinung, obwohl ich nicht in NRW wohne, dass der WDR eine gute Berichterstattung erbringt. Kann ich seit heute sagen: falsch gedacht! Der Beitrag über die Gastronomie und Bürgergeld war so schlecht recherchier, dass ich mich entschieden habe, hier zu schreiben. Zum Sachverhalt: Es wurde von einer Restauration berichtet, in der die Inhaber neues Personal suchen. Es wurde die Inhaberin der Restauration im Interview dargestellt, die "Vorstellungsgespräche" schilderten, in denen ihr gesagt wurde, dass die Bewerber nur "schwarz" arbeiten würden, da sonst mit Bürgergeld mehr Geld zur Verfügung stünde, wenn sie nicht arbeiten würden. Das kann meiner Ansicht nach auch so passiert sein. Allerdings erwarte ich von einem Fernsehsender, den ich monatlich finanziere, eine andere Berichterstattung: - was ist Bürgergeld? - muss tatsächlich ein populistischer Beitrag gesendet werden. Mein Beitragsservice wünschte ich demokratischer eingesetzt... Gut gemacht!!!

  • 2 Maximilian 17.10.2023, 16:19 Uhr

    Die Gastronomie, und zwar der überwiegende Teil, klammert sich seit 2 Jahrzehnten an bestehende Tarivverträge, um das Personal zu "entlohnen". Das konnte jeder, der dort gearbeitet hat, selbst erfahren und alle anderen bereits in der Stellenausschreibung nachlesen. Warum sollten Köche miese Arbeitsbedingungen, schlechte Arbeitszeiten und unangemessenen Stress über sich ergehen lassen, wenn sie dafür lediglich einen Hungerlohn erhalten? Die Gastronomie hat sich über viele Jahre hinweg selbst abgebaut, die Ursachen für den Boykott fähiger Fachkräfte eigens vorangetrieben. So what?

  • 1 André 17.10.2023, 14:51 Uhr

    € 3000,00 als Einstiegsgehalt. Was wird am Ende ein Schnitzel kosten. Das wird kein Gast mehr betazahlen können oder wollen.

    Antworten (4)
    • otto 17.10.2023, 19:25 Uhr

      Wie hoch wäre Ihr Gehalt inkl. Nacht-, Wochenend- und Feiertagszuschlag? Sehen Sie? Gute Arbeit muss auch gut entlohnt werden, ja und das kostet; da werden wir Gäste uns dran gewöhnen müssen. Ich machs gerne, wenn das Geld bei den Beschäftigten ankommt!

    • Jenny 18.10.2023, 06:17 Uhr

      @Andre :Warum sind 3000 € zu viel? Das ist knallharte Arbeit! Physisch und Psychisch....andere Branchen, z.B. IT zahlen Berufseinsteigern schon 50000 € Jahresgehalt, während eine Servicekraft die schon 30 Jahre den Job macht, mit ca 30000 € im Jahr klarkommen muss... Und das am Wochenende und an den Feiertagen..... Bitte mal genau drüber nachdenken

    • Frank 18.10.2023, 08:24 Uhr

      Unter 4000 Brutto wird jeder als Rentner zum Sozialfall.

    • Hubert 18.10.2023, 15:00 Uhr

      Deswegen machen sie ja auch alle vorher schon zu. Nicht, weil es der Gast nicht zahlen wollte, sondern weil es kein Koch für das miese Gehalt zubereitet.

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