Eine Frau hält eine Geldbörse mit Euroscheinen in der Hand.

Pressemeldung vom 21.09.2023

Neue Berechnung zeigt: Mindestlohn liegt auch künftig deutlich vor Bürgergeld

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Wer in Deutschland zum Mindestlohn arbeitet, hat auch künftig in jedem Fall deutlich mehr Geld zur Verfügung als Haushalte, die ausschließlich Bürgergeld beziehen. Wie groß der Abstand ist, zeigen neue Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) für das ARD-Magazin MONITOR. Der Unterschied liegt in allen berechneten Konstellationen bei mehreren hundert Euro.

Die zum 1. Januar 2024 anstehende Erhöhung des Bürgergeldes um rund 12 Prozent beim Regelsatz hatte in den letzten Wochen eine alte Debatte neu entfacht: Weil die Sozialleistungen so hoch seien, lohne es sich für Mindest- und Niedriglohnbezieher oft gar nicht mehr zu arbeiten, sagten etwa führende Oppositionspolitiker. CDU-Chef Merz hatte im Bundestag behauptet, dass Menschen “mit staatlichen Transferleistungen am Ende des Jahres mehr herausbekommen, als wenn sie in einer einfachen Beschäftigung arbeiten.”

Tatsächlich haben auch nach der Erhöhung des Bürgergeldes alle Haushalte, in denen mindestens eine Person arbeitet, deutlich mehr Geld zur Verfügung. Bei Alleinstehenden sind es im Durchschnitt 532 Euro, bei Familien mit drei Kindern zwischen 429 und 771 Euro – abhängig vom Alter der Kinder.

Verglichen wurden unterschiedliche Konstellationen von Haushalten, in denen ein Verdiener in Vollzeit zum Mindestlohn arbeitet, mit sogenannten Bedarfsgemeinschaften, die Bürgergeld beziehen und in denen kein Erwerbseinkommen erzielt wird. Dabei wurde eine bundesweit durchschnittliche Miete zugrunde gelegt und zusätzliche staatliche Leistungen wie Kinderzuschlag oder Wohngeld mit berücksichtigt.

“Wir haben festgestellt, dass man in allen diesen denkbaren Konstellationen mehr Geld hat, wenn man arbeitet, und dass der Abstand teils auch sehr deutlich ist”, sagt Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin am WSI. Einen Anreiz, wegen des Bezugs von Bürgergeld nicht zu arbeiten, sieht sie daher nicht. Die Berechnung zeige, dass die Debatte “mit falschen und polarisierenden Zahlen” geführt werde.

Weil die Bundesregierung infolge des starken Anstiegs der Verbraucherpreise der vergangenen Jahre die Inflation bei den Bedarfssätzen früher berücksichtigt als in den Vorjahren, fällt die anstehende Erhöhung zwar ungewöhnlich hoch aus. Tatsächlich haben sich Mindestlohn und Bürgergeld (früher Hartz-IV) im Verhältnis aber kaum auseinander entwickelt. Seit der Einführung des Mindestlohns 2015 ist dieser von 8,50 Euro auf geplante 12,41 Euro Anfang 2024 gestiegen, ein Plus von 46%. Im selben Zeitraum erhöhte sich der Regelsatz für das Bürgergeld (ehemals Hartz IV) für Alleinstehende um 41,1 Prozent. Der Lohnabstand hat sich also in der Gesamtbetrachtung kaum verändert.

2. Korrektur: Für eine neue Veröffentlichung hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut seine Berechnungen zum Lohnabstand zwischen Haushalten mit Bürgergeld und Mindestlohn-Bezug Mitte Oktober 2023 erneuert. Wir haben die Daten im Text aktualisiert. Weitere Infos des WSI dazu: https://www.wsi.de/de/interview-bettina-kohlrausch-buergergeld-lohnabstand-52773.htm

Korrektur: Das WSI hat seine Berechnung korrigiert. Kinderzuschläge wurden fehlerhaft berechnet, dadurch verringert sich der Lohnabstand um 20 Euro pro Kind. Die Zahlen wurden im dritten Absatz korrigiert.

Stand: 21.09.2023, 06:00 Uhr

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50 Kommentare

  • 50 Harry 19.12.2023, 02:46 Uhr

    Warum muss man ewig suche, und findet dann doch keine dieser ominösen Berechnungen?

  • 48 M. W. 02.11.2023, 18:34 Uhr

    Auch der neuen Berechnung ist nicht zu trauen. Ein Arbeitnehmer trägt selbst alle Nebenkosten zum Leben, über Krankenversicherung, Lebensmittel, alle Zahnarztrechnungen, Haftpflicht, Heizung, Strom, Wasser, Müllabfuhr, Wohnungseinrichtung wie Fernseher usw., Schulausflüge der Kinder, Fahrten zum Einkaufen, Fahrten zur Arbeitsstätte und vieles mehr. Hat ein Bürger unseres Staates kein Geld, unabhängig ob selbstverschuldet bildet oder nicht bekommt er eine staatliche Mindestunterstützung zum Leben. Unfreiwillig braucht niemand bei uns „unter einer Brücke mit Pappe zugedeckt schlagen und wohnen“. Immer wieder sehe ich vor Discounter ihrem Erscheinungsbild nach zu urteilen Sozialhilfeempfänger/Bürgergeldempfänger welche mit vollen Einkaufstüten auf ein TAXI warten und abgeholt werden.

  • 47 Marita Müller 29.09.2023, 03:56 Uhr

    Falsche Rechnung Ihrerseits. Mindestlohnbezieher (Familie mit 2 Kindern,) bekommen: *keine* Miete vom Amt bezahlt. ( Berlin ca 715 Euro,)... Sie bekommen *keine* Heizungskosten bezahlt, sie sind *nicht* befreit von der Kitagebühr.... bekommen jährlich *keine* 159 Euro Zuschuss zum Schulmaterial. Und sie bekommen zur Klassenfahrt und sonstigen Schulaktionen *keine * Zuschüsse. Also rechne man diese Kosten noch dem Bürgergeld zu....lohnt es sich da wirklich noch zu arbeiten ?

  • 46 Anonym 27.09.2023, 09:51 Uhr

    Für die Ermittlung des Eckregelsatzes 2023 wurden Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus 2018 und 70 Prozent der tatsächlichen Inflation zugrunde gelegt. Weil eine jährliche Ermittlung zu teuer wäre. Die Steigerung des Mindestlohns wird nur zu 30 Prozent berücksichtigt. Aus meiner Sicht kann sich daraus kein reales Existenzminimum ergeben. Was jeder von Bürgergeld Betroffene sicher nachvollziehen kann. Grundnahrungsmittel, z.B. Milch, Quark, Brot, Fleisch, Obst und Gemüse waren selbst 2021 noch erheblich günstiger. Es sieht so aus, als trügen Leistungsbezieher die Hauptlast von Ukraine Krieg, Einwanderung und Inflation. Denn bei leeren Kassen wird der Rotstift immer zuerst bei Sozialleistungen angesetzt. Die Ware Arbeitskraft ist in diesem Land wenig wert. Sonst bräuchte es keine staatliche Lohnuntergrenze. Bei einem Mindestlohn von 18€ wäre vielen Menschen geholfen. Auch in Bezug auf ein reales Existenzminimum.

  • 45 Bjoern J. 26.09.2023, 14:39 Uhr

    Da ich mich aus eigenem Interesse für das Thema beschäftige, auch wenn es mich zum Glück nicht betrifft, finde ich auch diese Berichterstattung wie auch der 3er Talk auf Monitor mehr als fraglich! Wie bei so vielen Themen fehlt hier von allen Seiten Transparenz und das schürt wieder Negatives und beflügelt die "Großen Redner". In keinem Bericht wird eine ordentliche und verständliche Kalkulation aufgesetzt. Einnahmen, Ausgaben sowie optionale Anträge die ggf. nicht genutzt werden von Singles, Alleinstehende mit Kind oder Kindern sowie Paare/Ehen mit 1,2,3 Kindern. Ich hoffe ein solches Format wie Monitor bekommt das hin. :)

  • 44 Anonym 26.09.2023, 07:39 Uhr

    Es ist skandalös wie immer wieder ein Sündenbock gesucht und gefunden wird .CDU AFD arbeiten da auf breiter Front zusammen . Hetzen nicht zuletzt die am wenigsten haben gegeneinander auf . Es ist schon beschämend wie hier "alternative Nachrichten " dazu benutzt werden Meinungsmache zu betreiben , die an sich schon jeglicher Grundlage entbehrt. Es ist nur nicht zu fassen das die die wenig haben darauf reinfallen , anstatt sich zu solidarisieren mit denen die noch weniger haben . Menschen sind einfach dumm . Und die ganz oben lachen sich ins Fäustchen . Tanzen auf den Tischen ,und her Merz von der CDU ist bestimmt mit dabei . Arbeitet er doch bestens für Black Rock . Aber das hat bestimmt damit nichts zu tun . Oder ? Naja hängt nicht alles mit allem zusammen . Aber dazu braucht es Grips um dieses Spiel zu durchschauen . Die da oben anzutasten scheint unmöglich ,zu viel Rechtsstaat die ihnen beistehen . Da hack ich doch lieber auf die noch kleineren rum . Wie erbärmlich .

  • 43 Neuhaus Katharina U. 26.09.2023, 07:27 Uhr

    Das Problem liegt doch schon woanders. Wer Bürgergeld bezieht, bekommt sein Geld am Anfang des Monats, wer arbeiten geht am Ende. Bürgergeldbezieher , die am Anfang oder im lfd. Monat die Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme haben, müssen die Bürgergeldleistungen für den Monat zurückzahlen, da das nicht möglich ist in Form eines Darlehens mit mtl.Raten. ( Das Gleiche gilt für in Bürg.geldbez., die in (Niedrig)Rente gehen) In beiden Fällen kann man Wohngeld beantragen - mit Lohnabrg.oder Rentenbescheid, die noch nicht vorliegen und bei nachreichen monatelange Bearbeitungszeit haben - Ratenzahlung läuft schon, Fahrkosten auch . Verliert man den Job in der Probezeit gibt es wieder Bürgergeld - im voraus ( ./. Ratenzahlung). Wer von Arb.los.geld in Bürgergeld wechselt, sollte sein 💰 erst am Ende des Monats bekommen, um die Spirale zu unterbrechen. Bei allen Anderen sollte für diese Lücke von der Erhöhung ein kleiner Betrag einbehalten und angespart werden. Mindestlohn noch erhöhen.

  • 42 Anonym 25.09.2023, 22:14 Uhr

    Mindestlohn liegt auch künftig deutlich vor Bürgergeld Die Arbeitenden werden nur belogen und betrogen .Diese 2 Professorinen Frau Schnitzer und Kohlrausch sollten mal bei der Wahrheit bleiben.Miete Strom usw.werden den arbeitenden Volk nicht bezahklt. Wo ist dann der Mehrverdienst

  • 41 schtze 25.09.2023, 15:25 Uhr

    "Der Unterschied liegt in allen berechneten Konstellationen bei mehreren hundert Euro." Das ist ja sensationell. Dafür geht der eine 8 Stunden täglich arbeiten, und der andere liegt auf dem Sofa. Der Arbeitende muss auch noch berufsangemessene Kleidung und die Fahrt zu Arbeit finanzieren. Der andere trägt die lässige Jogginghose. Da bleibt von den "mehreren 100 €" nichts mehr übrig.

  • 40 Chris Weir 25.09.2023, 12:19 Uhr

    Zahlen sind von 2023 Arbeitloser: 502 Euro minus 70 Euro Strom (Durchschnitt) = 432 Euro zur Verfügung Mindestlohn Arbeiter: 1453 Euro minus "günstige" Miete 750 Euro (warm mit Nebenkosten), minus 70 Euro Strom = 633 Euro zur Verfügung. Sprich geht für 201 Euro MEHR als Arbeitslose arbeiten. Dazu kommen beim Arbeiter weitere Kosten.

  • 39 GUENTER MICHAEL WALZEL 24.09.2023, 09:41 Uhr

    Guten Morgen, dieses Bürgergeld ist eine Frechheit für jeden Arbeiter und Angestelltem. Nehmen wir das Beispiel Familie 3 Kinder mit ca. 3500 € Bürgergeld zu niedrigem Lohnempfänger , da Hilfsarbeiter rund 4100 €. Meist muß auch das Ehepaar zu zweit arbeiten. Meinen Sie die Faulen würde für 15 bis 20% am Morgen aufstehen, ich nicht! Die Differenz müßte 1000 € Netto sein, dann könnte man auch Leute überzeugen. Wie schon beschrieben, wer arbeitet hat auch Aufwand. Bitte nicht vergessen, das bekommen auch Asylantenfamilien nach einer Aufenthaltsgenehmigung und die Kollegen aus der Ukraine, warum soll man arbeiten? Sie helfen damit nur der AFD, den Faulen und den Zugreisten, die meist nur 300 bis 500 € in Ihrem Land verdienen. Also die bekommen 10 mal mehr hier und sind abgesichert, Danke Regierung.