15 Jahre Behindertenrechtskonvention: Deutschland mit Nachholbedarf

Lokalzeit aus Bonn 26.03.2024 02:57 Min. Verfügbar bis 26.03.2026 WDR Von Josef Kaiser

Schlechte Noten für Inklusion in Deutschland

Stand: 26.03.2024, 17:11 Uhr

Vor 15 Jahren hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet. Die Umsetzung sei mangelhaft, sagt die "Aktion Mensch" in Bonn.

Von Merle Giebeler / Christian von Stülpnagel

Bildung? Barrierefreiheit? Beschäftigung? In allen Bereichen besteht dringender Handlungsbedarf, wenn es darum geht, Menschen mit Behinderung einzubeziehen. So das Ergebnis einer Studie der in Bonn ansässigen Organisation Aktion Mensch. Wenn Deutschland eine Schulnote für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bekommen würde, wäre es eine fünf, so eine Sprecherin.

"Wir werden im Alltag nicht mitgedacht"

Das kann Joachim Marx bekräftigen. Er ist Anfang 50, sitzt im Rollstuhl und engagiert sich in der Behindertengemeinschaft Bonn. Auf seinem Weg durch die Stadt stößt er immer wieder auf Hindernisse: Mülltonnen mitten auf dem Gehweg, keine Rampen beim Einstieg in den Bus.

"Es sind die Bürgersteige, es sind die Überwege. Und es ist das tagtägliche Leben: Dass man eben die Gesellschaft nicht mit Menschen mit Behinderung denkt, sondern grundsätzlich erstmal ohne." Joachim Marx, Behindertengemeinschaft Bonn

Für Marx entsteht so immer wieder das Gefühl, anders zu sein, anstatt dazuzugehören.

Förderschulen und Werkstätten verhindern Inklusion

Die UN-Behindertenrechtskonvention bezieht die allgemeinen Menschenrechte noch einmal konkret auf Menschen mit Behinderungen. Deutschland hat sich mit der Unterzeichnung dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderung die Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen.

Dass das in der Realität nicht zufriedenstellend läuft, liegt einem Prüfbericht der Vereinten Nationen zufolge auch daran, dass es zu viele Sonderstrukturen gibt: Menschen mit Behinderung lernen etwa in Förderschulen, arbeiten in Behindertenwerkstätten - und sind deshalb nicht integriert.

Deutschland im Vergleich weit hinten

In einem Vergleich von 13 OECD-Staaten belegt Deutschland in vielen Bereichen den letzten Platz. Ein Blick ins Ausland kann sich der Aktion Mensch zufolge lohnen: Italien zum Beispiel habe Förderschulen schon vor vielen Jahren abgeschafft. Joachim Marx schwärmt auch von der Barrierefreiheit in Schottland: Weil es dort sogar in abgelegenen Regionen saubere, zugängliche Toiletten gibt.

Aber Deutschland mache auch Fortschritte: Die UN loben etwa das Bundesteilhabegesetz, das die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung stärken soll.

Unsere Quellen:

  • Joachim Marx, Behindertengemeinschaft Bonn
  • Aktion Mensch
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Schlechte Noten für Inklusion in Deutschland

WDR Studios NRW 26.03.2024 00:42 Min. Verfügbar bis 26.03.2026 WDR Online


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