Das Bild zeigt ein Grundschulkind, das in einem Buch liest.

Wie könnte man den Förderbedarf von Schülern besser ermitteln?

Stand: 06.03.2024, 15:31 Uhr

Immer mehr Schülerinnen und Schüler in NRW bekommen sonderpädagogische Förderung. Das Verfahren, mit dem der Förderbedarf festgestellt wird, ist umstritten. Jetzt zeigt ein Gutachten, wo es Probleme gibt.

Von Daniela JunghansDaniela Junghans

Rund 148.000 Schülerinnen und Schüler in NRW haben einen sogenannten sonderpädagogischen Förderbedarf. Sie brauchen also neben oder beim regulären Unterricht zusätzliche Unterstützung. Etwas weniger als die Hälfte (44,6 Prozent) dieser Kinder und Jugendlichen besucht eine Regelschule, wird also gemeinsam mit Kindern ohne Förderbedarf unterrichtet. Die Mehrheit der Betroffenen geht aber immer noch auf eine Förderschule.

Kritik am Verfahren

Schon seit Jahren steigt der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit einem festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf, inzwischen liegt er bei 7,8 Prozent aller Schüler in NRW. Und diese Zahl erfasse längst noch nicht alle Kinder, die eigentlich Unterstützung benötigten, klagen Lehrer immer wieder.

Gleichzeitig gibt es seit vielen Jahren auch Kritik am Verfahren für die Feststellung eines Förderbedarfs, die auch Schulministerin Dorothee Feller (CDU) erreicht hat. Im Schulausschuss des NRW-Landtags sprach sie am Mittwoch unter anderem von einer "zu langen Verfahrensdauer und einer hohen Komplexität", die ihr aus der Praxis zurückgespiegelt würden.

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Dorothee Feller

Schulministerin Feller

Feller hatte deshalb schon vor Monaten ein Gutachten beauftragt, das dieses so genannte AO-SF-Verfahren genauer untersuchen sollte. Erste Ergebnisse zeigen nun, dass die Kritik teilweise berechtigt ist. Die Wissenschaftler sprachen bei der Vorstellung im Schulausschuss unter anderem von einer "mangelnden Standardisierung", von "ineffizienten, intransparenten und unkoordinierten Verfahren" sowie von einer unzureichenden Kommunikation mit den Eltern betroffener Kinder.

Prävention soll ausgebaut werden

Und noch an einem anderen Punkt werden die Gutachter deutlich: die Verfahren zur Feststellung eines Förderbedarfs hätten "häufig die Funktion der Ressourcenakquise und der Entlastung des Regelsystems", soll heißen: die Schulen hofften, dass sie durch mehr Förderschüler auch mehr Geld oder Personal bekommen.

Die Wissenschaftler haben acht Handlungsempfehlungen erarbeitet, unter anderem empfehlen sie die Einrichtung regionaler "Expertisestellen", die die Verfahren künftig koordinieren und weiterentwickeln. Außerdem sollte die Prävention ausgebaut werden, um möglichst zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche überhaupt sonderpädagogisch gefördert werden müssten.

Schulministerin Feller will die Empfehlungen der Gutachter jetzt prüfen und dann entscheiden, wie das System zur Feststellung des Förderbedarfs reformiert werden soll.

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