Jens Hotze und Benny Sildatke helfen sich gegenseitig auf dem Fußballplatz

Inklusion: Schiedsrichter-Gespann erobert Special Olympics

Landkreis Heinsberg | Ehrenamt

Stand: 12.06.2023, 13:45 Uhr

Jens Hotze und Benny Sildatke lieben den Fußball und sind Schiedsrichter aus Leidenschaft. Die beiden haben eine Behinderung und pfeifen Kreisliga- und Freundschaftsspiele.

Von Marc Eschweiler

Sonntagmorgen, 10 Uhr, ganz im Westen des Kreises Heinsberg. Das wohl ungewöhnlichste Schiedsrichtergespann aus NRW kommt am Sportplatz in Waldfeucht-Haaren an. Noch eine Stunde bis zum Anpfiff. Jens Hotze und Benny Sildatke können es kaum erwarten, gleich auf dem Platz zu stehen. Sie lieben den Fußball und sind Schiedsrichter aus Leidenschaft. Da lassen sie sich auch von ihren Behinderungen nicht aufhalten.

Aus einer Idee wurde ein Team

Möglich gemacht hat das Karl-Heinz Speuser. Er ist seit vielen Jahren als Amateur-Schiedsrichter im Kreis Heinsberg unterwegs. Als ehrenamtlicher Betreuer der Lebenshilfe Heinsberg kam er vor rund vier Jahren auf die Idee, mit Hotze und Sildatke ein echtes Schiedsrichter-Gespann zu gründen. "In Gesprächen habe ich gemerkt, dass wir die gleiche Leidenschaft haben. Und dann habe ich mir gedacht, versuch es doch einfach mal". Seitdem holt der 64-Jährige seine beiden Assistenten fast jeden Sonntag zu Hause ab und fährt mit ihnen zu Kreisliga- oder zu Freundschaftsspielen.

Heute geht es zum Duell der Frauenteams von Concordia Haaren und Grün-Weiß Welldorf-Güsten. Man merkt schnell, wie liebevoll und fürsorglich sich Speuser um die beiden kümmert. Vor allem Sildatke mit seinen Klumpfüßen und Sprachproblemen braucht viel Hilfe. Und dann geht es direkt ans Werk. Hotze, beeinträchtigt seit einem Arbeitsunfall, kontrolliert zusammen mit Sildatke den Platz. Sind die Eckfahnen da? Haben die Tornetze Löcher? Sind die Spielerpässe in Ordnung? Akribisch gehen die beiden alles durch, ihnen entgeht dabei nichts.

Jens Hotze und Benny Sildatke im Einsatz

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Mannschaften zeigen großes Verständnis

Vor dem Spiel informiert Speuser die Mannschaften, dass mit Hotze und Sildatke zwei Assistenten mit einer Behinderung im Einsatz sind. Das ist bisher noch nie abgelehnt worden. Im Gegenteil. Die Mannschaften nehmen Rücksicht und spielen oft sogar fairer. Früher zunächst als Linienrichter im Einsatz, dürfen Hotze und Sildatke mit dem Einverständnis der Mannschaften mittlerweile sogar den Chefposten auf dem Platz übernehmen. Speuser leitet sie dabei von außen über ein Headset an, das die drei von Bundesliga-Schiedsrichter Sascha Stegemann aus Niederkassel bekommen hat. Stegemann hatte bei WDR 2 von der Aktion gehört und ist seitdem so etwas wie ein Pate des Trios. Er trifft sie regelmäßig und hat auch jetzt wieder seine Unterstützung zugesagt.

Feuer und Flamme für das Schiedsrichter-Projekt

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Karrierehighlight Special Olympics

Denn Speuser, Hotze und Sildatke sind zu den Special Olympics nach Berlin eingeladen worden. Stegemann hat mit dafür gesorgt, dass für die Fahrt ein großes und behindertengerechtes Auto gemietet werden kann. Die Veranstalter der Special Olympics sind auch durch die Berichterstattung auf das Trio aufmerksam geworden. Hotze und Sildatke sollen in Berlin Fußballspiele von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung pfeifen. "Ich freue mich darauf. Es ist toll, dass wir so weit gekommen sind", sagt Hotze. Seine Augen leuchten dabei. Und Speuser ergänzt: "Die Jungs freuen sich unheimlich. Und dass ich mit 64 mal zu olympischen Spielen darf, ist natürlich ein Traum".

Auch Benny Sildatkes Mutter ist froh, dass ihr Sohn durch sein Hobby Selbstwertgefühl bekommt. "Fußball ist seine Leidenschaft. Dann ist er einfach glücklich", sagt Josefine Sildatke. "Vom Rest der Familie wird Benny nicht akzeptiert. Der Pfarrer unserer früheren Heimatgemeinde hat Benny damals nicht zur Kommunion zugelassen. Das wäre kein schönes Bild am Altar." Umso schöner ist es zu sehen, dass er auf dem Fußballplatz richtig aufblüht. Hier sind Sildatke und sein Freund Hotze mittendrin. Sie werden akzeptiert und respektiert. "Ja klar. Das war für uns überhaupt kein Problem. Wir haben uns sogar gefreut. Und man hat eigentlich keinen Unterschied gemerkt", sagt Spielerin Emma Jansen von Grün-Weiß Welldorf-Güsten.

Nichts als Respekt auf dem Spielfeld

00:19 Min. Verfügbar bis 26.05.2025

Die Partie in Haaren war auf Kreisebene das letzte Spiel vor der Sommerpause. Vom 17. bis 25. Juni geht es aber schon auf die nächste und ganz große Fahrt. Und die Special Olympics werden für das ungewöhnliche Schiedsrichter-Trio aus dem Kreis Heinsberg mit Sicherheit nicht die Endstation sein.

Über dieses Thema haben wir am 25.05.2023 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Aachen, 19.30 Uhr.