Trend: Trinkgeld per Abfrage auf Kartenlesegerät
Lokalzeit Münsterland. 15.11.2023. 02:35 Min.. Verfügbar bis 15.11.2025. WDR. Von Rolf Heutmann.
Digitales Trinkgeld - wie Gastro-Mitarbeiter damit umgehen
Stand: 16.11.2023, 07:45 Uhr
Mit der Karte im Restaurant oder in der Kneipe zu zahlen wird immer normaler. Geht schnell, ist aber oft schlecht für die Angestellten. Denn ein Trinkgeld direkt mitabrechnen zu lassen, wird von der Kundschaft oft "vergessen". Gastronomen versuchen dem entgegenzusteuern - klar: digital.
Von Rolf Heutmann
Carolin Jonat ist Studentin und arbeitet in der Gastronomie. Gäste können hier nur noch per Karte bezahlen. Seitdem ist das Trinkgeld förmlich weggebrochen, um 80 Prozent: "Wir bekommen hauptsächlich in bar Trinkgeld und jetzt mit der EC-Karte zücken die Leute nicht nochmal ihr Portemonnaie".
Auch ihr Chef hat bei diesem Trend geschluckt und überlegt, wie er den Ausfall für sein Servicepersonal kompensieren kann. Immerhin hatte Kerim Benoua selbst die ausschließliche Kartenzahlung eingeführt, um alles einfacher zu machen: "Die Konsequenzen sollten nicht die Leute aus dem Service tragen müssen".
Trinkgeld - aber wie?
Eddy Verbeek, Gastronom
Direkt um die Ecke ist das Lokal von Eddy Verbeek. Auch bei ihm gilt: no cash und er sagt: "Wir leben im Jahr 2023". Die jungen Gäste begrüßen das und lassen fast immer ein Trinkgeld mit auf die Rechnung setzen: "Man läuft selber sowieso nur noch ohne Bargeld rum. Das ist völlig normal mittlerweile".
Auch bei älteren Gästen ist die neue und alternativlose Gastrobezahlmethode halbwegs gesackt: "Ich selber gebe auch per Karte Trinkgeld. Aber für manche ist das schwierig".
Eine Sache der Gewöhnung?
Eddy Verbeek setzt darauf. Er kann sich nicht vorstellen seine Kartenzahlgeräte, wie einige Kollegen es tun, umzurüsten. Dann wird bei einer Bezahlung auf dem Display automatisch die Höhe des Trinkgeldes abgefragt: "Ich will niemanden unter Druck setzen".
Jolina Laukamp, Kellnerin
Seine Angestellten gehen mit diesem Zustand, sagen wir, kreativ um. Jolina Laukamp arbeitet hier im Service und verrät wie es gehen kann: "Wir geben die Beträge in das EC-Gerät. Wir regeln es dann so, dass wir langsam tippen und meistens begreifen die Gäste das dann auch".
Weniger Trinkgeld – mehr Lohn
Nebenan zahlt Kerim Benoua seine Servicekräfte jetzt selbst etwas besser. Außerdem stockt er noch mit Mitarbeiterrabatten auf. Den Gästen will er aber auch auf die Sprünge helfen.
Auf seinen Kartenlesegeräten bekommen sie zeitnah den Hinweis auf das Trinkgeld zu lesen: "Es ist definitiv der richtige Weg, weil es einen Aha-Effekt geben kann: Oh stimmt, da war doch noch was".
Hier treffen wir auch eine Kundin, die diese Erfahrung in einem anderen Lokalen mehrfach gemacht hat: "Wenn ich das Display auf dem Gerät sehe, drücke ich eher auf 'Nein', weil mir das zu fordernd ist".
Die Digitalisierung des Trinkgeldes steckt also noch ein wenig in den Kinderschuhen. Irgendwie ist nicht-bares noch lange nicht flächendeckend auch wahres.