Die Angeklagten sitzen mit ihren Verteidigern im Gerichtssaal und bedecken ihre Gesichter mit Aktenordnern

Prozess gegen falsche Polizisten in Bielefeld

Stand: 11.08.2023, 15:42 Uhr

Gegen zwei Männer, die unter anderem in Südwestfalen Senioren betrogen haben sollen, hat am Freitag der Prozess am Landgericht Bielefeld begonnen. Sie sollen als falsche Polizisten mehr als eine halbe Million Euro von 80- bis 90-Jährigen erbeutet haben.

Die Anklage listet elf Geschädigte auf. Bei zweien sollen die mutmaßlichen Betrüger sogar doppelt abkassiert haben. Die Bande soll den Opfern am Telefon von Einbrechern erzählt haben. Aus Sorge um ihre Wertsachen übergaben die Geschädigten diese an die angeblichen Polizisten: Geld, Gold und Schmuck im Gesamtwert von rund 530.000 Euro.

Ehepaar aus Ibbenbüren wurde skeptisch

Ein Ehepaar aus Ibbenbüren informierte jedoch die echte Polizei über die 110. Anfang September 2022 klingelte bei Heinrich Heicks das Festnetztelefon. Der 68-jährige Tierarzt machte gerade Mittagspause. Am Telefon meldete sich ein "SEK-Beamter" der Polizei. Er erzählte, dass in der Nachbarschaft gerade eingebrochen worden sei und die Täter noch auf der Flucht seien.

Das Ehepaar Heicks schaut in die Kamera.

Heinrich und Irmgard Heicks haben sich nicht täuschen lassen

Heinrich Heicks könne jetzt helfen, diese zu fassen. Dazu sollte er den Lockvogel spielen und all seine Wertsachen in einer Tasche vor die Tür stellen. Heinrich Heicks merkte sofort, dass hier etwas nicht stimmen konnte.

Ehepaar ging zum Schein auf Forderungen ein

Zettel mit handgeschriebenen Botschaften.

Heinrich Heicks schrieb seiner Frau heimlich Botschaften

Heinrich Heicks gab seiner Ehefrau ein Zeichen. Damit der angebliche Polizist am Telefon nicht mitbekommt, dass noch jemand im Raum ist, schreibt Heicks seiner Frau Botschaften auf Zettel. Sie solle die "echte" Polizei informieren. Das tat Irmgard Heicks parallel von einem anderen Apparat aus. Kurze Zeit später erschienen Polizisten in Zivil und observierten das Haus der Heicks. 

Mittlerweile hatten die mutmaßlichen Betrüger Heinrich Heicks aufgefordert, seine Wertsachen einem Taxifahrer zu übergeben. Der würde das Geld und den Schmuck dann zur Polizeiwache bringen, damit es sicher sei. Tatsächlich erschien ein unbeteiligter Taxifahrer und brachte die Tasche dann im Auftrag der falschen Polizisten nach Bielefeld. Dort nahm die "echte" Polizei dann drei Tatverdächtige fest.

Handyauswertungen führten zu den Angeklagten

Gegen diese drei Tatverdächtigen wird aktuell noch ermittelt. Ihre Handys wurden zwischenzeitlich ausgewertet. Über die Daten ergaben sich Spuren zu möglichen Hintermännern in der Türkei und zu zwei Männern aus Bielefeld. Sie sollen ebenfalls Mitglieder der Bande sein.

Gegen sie wurde jetzt der Prozess wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs am Landgericht Bielefeld eröffnet. Am ersten Verhandlungstag wurde nur die Anklage verlesen, die beiden Angeklagten wollen sich aber an einem der kommenden Verhandlungstage zur Sache äußern. Im Fall einer Verurteilung drohen ihnen bis zu 10 Jahren Haft.