Vor der Euro 2024: Handel skeptisch, Hotels optimistisch
Lokalzeit aus Dortmund. 04.06.2024. 03:13 Min.. Verfügbar bis 04.06.2026. WDR. Von Kay Bandermann.
Vor der Euro 2024: Handel skeptisch, Hotels optimistisch
Stand: 04.06.2024, 06:00 Uhr
Vor dem Start der Euro 2024 ist der Dortmunder Handel skeptisch. Gastronomie und Hotels erhoffen sich dagegen mehr Umsatz, weil in der Stadt sechs Spiele stattfinden.
Von Michael Westerhoff
Eine Nacht im Vier-Sterne-Hotel für 945 Euro. Das ist keine Ausnahme, sondern die Regel am 15. Juni 2024, dem Tag, an dem Italien gegen Albanien in Dortmund spielt. Selbst bei der Billigkette "Prizeotel", bei der die Zimmer sonst 70 oder 80 Euro kosten, gibt es am Spieltag kein Zimmer unter 400 Euro. Auch rund um Dortmund sieht es nicht besser aus: Ein Hostel am Bochumer Hauptbahnhof verlangt 960 Euro fürs Zimmer. Da klingen die 300 Euro in einem 3-Sterne-Hotel in Lünen fast schon preiswert.
Hotels sind Gewinner
Hotel sind die Gewinner der Europameisterschaft. Das lässt sich schon jetzt anhand der Buchungen sagen. Auch bei den anderen Vorrunden-Spielen zwischen der Türkei und Georgien (18.06.24), der Türkei und Portugal (22.0624.) sowie Frankreich und Polen (25.06.24) sind nahezu alle Zimmer ausgebucht. Selbst an den Tagen von Achtelfinale und Halbfinale, bei denen nicht feststeht, wer gegeneinander antritt, sind kaum noch Zimmer zu finden.
Handel: Unterschiedliche Einschätzungen
"Kleidung werden die nicht kaufen."
Hotels und Gastronomie werden von der Euro am meisten profitieren, prognostiziert Tobias Heitmann, Sprecher des Dortmunder City-Rings. Ein Verein, in dem neben Innenstadt-Kaufleuten auch Hoteliers und Gastronomen organisiert sind. Der Handel erwartet laut Heitmann dagegen keine bemerkenswerten Umsatzsteigerungen: "Die Leute sehen das Fußballspiel, essen und trinken etwas und übernachten hier. Kleidung werden die nicht einkaufen", fürchtet Tobias Heitmann. Insgeheim hofft er natürlich, dass es besser läuft als er aktuell prognostiziert: "Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen".
Ganz so pessimistisch ist Torben Seifert, Center Manager des Einkaufszentrums "Thier Galerie" nicht: "Es werden nicht die Millionen-Umsätze, die der Handelsverband prognostiziert, aber Läden, die Fanartikel anbieten, werden ihren Umsatz steigern". Auch für die Gastronomie-Angebote in seiner Shoppingmall ist er optimistisch: "Das Wichtigste ist: Es ist gut für das Image von Dortmund, wenn die Euro in der Stadt stattfindet".
Wirte hoffen auf Umsatz
Auch Holger Schmidt, der Sprecher der Wirte am Markt ist, ist skeptisch. Hier feiern Fußball-Fans traditionell vor und nach Spielen in Dortmund. Auch bei Bundesliga-Spielen oder am vergangenen Samstag (01.06.24) beim Championsleague-Finale. "Natürlich freue ich mich auf die Euro in meiner Heimatstadt", sagt Schmidt: "Aber wird der Umsatz wirklich gut? Das weiß ich noch nicht".
Er könne nicht einschätzen, ob beispielsweise Albaner vor dem Spiel anreisen würden oder nachher noch auf ein Bier zum alten Markt kämen. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind mögliche Polizei-Einsätze. Es könne jederzeit passieren, dass die Polizei den Markt absperre, fürchtet Schmidt. Aber natürlich sind die Wirte mit Bierwagen auf den großen Ansturm vorbereitet.
Kommen trinkfreudige Engländer?
Wann und wie der kommt, kann keiner so recht einschätzen. Die Polizei rechnet beispielsweise damit, dass auch viele Fans nach Dortmund kommen, obwohl ihre Mannschaften gar nicht hier spielen. Einsatzleiter Achim Stankowitz kalkuliert mit einer "fünf- bis sechsstelligen Zahl von Fans aus England und den Niederlanden". Die haben möglicherweise keine Karten und wollen einfach mal EM-Luft schnuppern. Oder verbringen die Tage zwischen den Spielen in Dortmund. Den Wirten soll es recht sein.
Auch Sicherheitsfirmen profitieren
Zu den Profiteuren gehören auf jeden Fall auch die Sicherheitsfirmen. Wirte brauchen Sicherheitsleute, die Stadt muss die beiden Fan-Zonen am Friedensplatz und im Westfalenpark schützen. Zudem haben Delegationen der Mannschaften, die in Dortmund spielen, bereits bei den Firmen angefragt, zum Beispiel um Promis oder Politiker aus den Ländern zu schützen.
Unternehmer stellt Fußball-Taschen her
Fußball-Taschen zur EM
Und dann gibt es noch die Unternehmer, die indirekt vom Euro-Hype profitieren wollen. Dazu gehört Bodo Melenk. Der Unternehmer bedruckt Fahrrad-Plastik-Taschen. Für die Euro hat er spezielle Fußball-Taschen anfertigen lassen. Die grünen Taschen mit einem Fußballfeld könnten ein Renner zur EM werden, hofft Melenk. Wie die Taschen aussehen dürfen, welche Logos sie tragen dürfen, welche nicht, dabei hilft die Industrie- und Handelskammer Dortmund mit einer langen Liste. Darin erklärt sie Firmen aus der Region, wie sie mit der Euro werben und wo sie Public Viewing machen dürfen.
Die IHK ist wesentlich optimistischer als die örtlichen Händler. Auch vor der WM 2006 sei die Stimmung nicht gut gewesen. 83 Prozent der Unternehmen hätten vor der Euro keine Umsatzsteigerungen erwartet. Nach der Weltmeisterschaft sei das Urteil ganz anders ausgefallen. Die Hälfte aller Unternehmen, die sich an einer IHK-Umfrage beteiligt haben, berichteten von Umsatzsteigerungen.
Unsere Quellen:
- WDR-Autor
Über das Thema berichtet der WDR in der Lokalzeit aus Dortmund am 04.06.2024. vor Ort