Steigende Infektionszahlen trotz Impfung - das ist das Dilemma

Stand: 06.11.2021, 14:21 Uhr

Die vierte Corona-Welle ist da - mit Infektionszahlen, die die Wucht der Frühjahrs-Welle toppen. Und das, obwohl 70 Prozent der Deutschen geimpft sind. Wie kann das sein?

Plötzlich wieder Alarmstimmung in Deutschland: So viele neue Corona-Fälle hat es seit dem Frühjahr nicht mehr gegeben. Innerhalb eines Tages haben die Gesundheitsämter gestern 37.120 Neuinfektionen bundesweit gemeldet. Am Samstag sind es laut Robert Koch-Institut 34.002 (Stand 06.11.2021). Das entspricht einer 7-Tages-Inzidenz von 183,7 - mehr als im Frühjahr, als die dritte Welle ihren Höhepunkt erreichte.

In Nordrhein-Westfalen ist die Situation entspannter. Die Inzidenz liegt bei 112,7 - nicht so hoch wie im Bundesdurchschnitt und nicht annähernd so stark wie im Frühjahr. Da stieg der Wert auf 183,2.

Und trotzdem: Das RKI nennt die Lage "sehr besorgniserregend". Wenn die Zahl der Ansteckungen nicht bald sinkt, müsse man mit mehr Schwerkranken und mehr Toten rechnen.

Neunmal so viele Ungeimpfte sind infiziert

Aber wie ist das möglich? Schließlich sind fast sieben von zehn Menschen in Deutschland inzwischen doppelt geimpft - anders als im vergangenen Herbst. Das hilft zwar enorm, weil diese Doppeltgeimpften vor einem schweren Verlauf geschützt sind. Nicht aber vor einer Ansteckung, was oft vergessen wird.

Und so tauchen auch Geimpfte in der Statistik auf. Feiner Unterschied: Die Inzidenz in dieser Gruppe beträgt bundesweit 50 - die der Nichtgeimpften 450. Das ist neunmal so viel.

Die Delta-Variante ist viel ansteckender

Die Zahl steigt insgesamt auch deswegen so rapide, weil wir es nicht mehr mit dem Wildtypus, sondern mit der hochansteckenden Delta-Variante zu tun haben.

Das macht sich auch bei der steigenden Zahl der Patienten im Krankenhaus bemerkbar. Jeder dritte der Über-60-Jährigen dort ist tatsächlich geimpft, oft aber sehr alt und mit nachlassendem Impfschutz. Die anderen Corona-Patienten über 60 sind nicht geimpft - und landen oft auf der Intensivstation.

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Die Kliniken geraten in ein Dilemma

Was bedeutet das für die Situation auf den Intensivstationen? Müssen wieder Operationen verschoben werden, weil die Betten mit Covid-Patienten belegt sind? So wie im Krankenhaus in Rahden. Dort werden ab Montag vorübergehend nur noch Notfälle operiert. Das Personal wird im Klinikum Minden zur Versorgung der deutlich angestiegenen Zahl von Corona-Patienten benötigt.

Die RKI-Warnung ist deutlich: Die Behandlungskapazitäten könnten überschritten werden, wenn die Infektionszahlen nicht gesenkt werden.

Bundesweit gibt es rund 22.000 Intensivbetten, von denen 2.300 mit Corona-Patienten belegt sind - also knapp jedes zehnte. 3.100 Betten sind frei. Allerdings zeigt der Blick auf die Lage in NRW, dass es vor allem an großen Kliniken eng werden könnte, die sowieso schon stark belegt sind. In Köln zum Beispiel gibt es rund 400 Betten, die zu knapp zehn Prozent mit Covid-Patienten belegt sind. Frei sind aber nur noch 27 Betten - ein dramatischer Anstieg der schweren Corona-Fälle könnte die Kliniken an ihre Grenzen bringen.

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