Nach dem Corona-Ausbruch im Schlachtereibetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück ist ein Video aufgetaucht, das die vollbesetzte Kantine zeigt. Dort ist zu sehen, wie Mitarbeiter dicht an dicht an den Tischen sitzen und essen. Je nachdem, wann es gedreht wurde, könnte es ein Beleg für Verstöße gegen Corona-Präventionsregeln sein. Das Unternehmen betont, dass das Video vom 28. März dieses Jahres stammt, der SWR dagegen, der es am Donnerstag (18.06.2020) verbreitete, spricht vom 8. April.
Unternehmen spricht von Panne in der Krisenkommunikation
Das Unternehmen hatte in einer ersten Reaktion erklärt, dass das Video vom 28. März stamme, dann aber den 8. April als Aufnahmedatum bestätigt. Am Freitagmorgen (19.06.2020) schwenkte ein Unternehmenssprecher wieder um: "Das im Netz kursierende Video ist uns im Unternehmen seit dem 28. März 2020 bekannt." Der Sprecher stellte klar, dass es in der Krisenkommunikation eine Panne gegeben habe. Eine Bestätigung, dass das Video von April stamme, sei falsch gewesen.
Wurden die Metadaten überschrieben?
Tatsächlich ist es denkbar, dass das Video ein falsches Datum zeigt und nicht aus dem April stammt. Metadaten in Fotos und Videos lassen sich nachträglich einfach verändern, auch ohne Zutun von außen. Bei jeden Speichervorgang, zum Beispiel beim Bearbeiten in einer App oder beim Posten in Social Media, kann es sein, dass dieses Datum vom Programm auf das aktuelle Datum gesetzt wird.
Vorgaben des Landes galten schon vorher
Unabhängig davon, ob das Video Ende März oder Anfang April gedreht wurde: Eine entsprechende Verordnung trat schon am 22. März in Kraft, wie das zuständige Gesundheitsministerium auf Anfrage des WDR bestätigte. Paragraph 9 der "Coronaschutzverordnung" besagt, dass nicht öffentlich zugängliche Betriebskantinen zur Versorgung betrieben werden dürfen. Voraussetzung: Hygieneregeln und ein Mindestabstand von 1,5 Metern müssen beachtet werden.
Mindestabstand offensichtlich nicht eingehalten worden
Wie am Freitag bekannt wurde, sind diese Abstände zumindest im Mai nicht eingehalten worden. Das hätten Kontrollen des Arbeitsschutzes in der Kantine in Rheda-Wiedenbrück gezeigt, die zwischen dem 11. und 18. Mai festgestellt wurden. Der Deutschen Presseagentur (dpa) zufolge seien diese Mängel am 29. Mai aber abgestellt gewesen, auch sei die Zahl der Sitzplätze wie verlangt reduziert worden.
"Clustern" in der Kantine
Das Unternehmen beruft sich mit Blick auf das Video darauf, dass sich die Arbeiter damals in der Kantine nur mit Kollegen aufgehalten hätten, mit denen sie auch in einer Abteilung zusammen gearbeitet hatten. Dieses Verhalten, das sogenannte "Clustern", sei mit dem Arbeitsschutz abgestimmt gewesen.
Weiter hieß es, dass es in dieser Phase der Pandemie keine vermehrten Positivfälle gegeben habe. Seitdem seien die Plätze "erheblich" reduziert und eine Mundschutzpflicht in der Kantine eingeführt worden. "Wir waren uns bewusst, dass bei all unseren Maßnahmen wir einen Zielkonflikt zwischen der Pandemie-Prävention und der Lebensmittelversorgung haben. Dazu gehört auch eine angemessene Versorgung unserer Mitarbeiter in ihren Pausen", erklärte Tönnies weiter.