Der Internationale Tag der Pflege am 12. Mai erinnert an den Geburtstag der britischen Pionierin der modernen Krankenpflege, Florence Nightingale. Die Reformerin verstand den Dienst am Kranken als religiöse Mission - eine gewisse Selbstaufopferung war für sie wohl selbstverständlich.
Mehr als ein Jahr Corona-Ausnahmezustand haben gezeigt, dass sich daran nicht viel geändert hat. Die Mitarbeiter von Isolations- und Intensivstationen sowie der Altenpflege seien mittlerweile "mit ihren Kräften am Ende", sagte Ludger Risse vom Pflegerat NRW am Mittwoch im WDR 5-Morgenecho.
Viel Beifall, wenig Veränderung
Die Pfleger und Pflegerinnen könnten auf ihre Leistung stolz sein, betont Risse. "Wenn ihr Einsatz nicht so engagiert gewesen wäre, hätten wir eine weit größere Katastrophe erlebt." Zumindest in der ersten Phase der Pandemie, als die Arbeit in Corona-Stationen noch mit einem hohen persönlichen Risiko verbunden war, habe die Öffentlichkeit sie als Helden gefeiert. "Richtig nachhaltig hat sich aber seitdem nichts geändert."
Einmalzahlungen und Applaus seien schön, meint Risse. "Lieber wären uns bessere Arbeitsbedingungen und eine Vergütung, die dem was wir leisten auch gerecht wird."
Altenpflege: Etwas mehr Lohn in Sicht
Pünktlich zum Tag der Pflege will die Bundesregierung offenbar ihr Versprechen einlösen, zumindest die krassesten Missstände im Pflegebereich abzumildern: Union und SPD haben sich laut Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) grundsätzlich auf eine Anhebung der besonders niedrigen Löhne in der Altenpflege geeinigt. Leistungen aus der öffentlichen Pflegekasse sollen künftig daran gebunden werden, dass in den Einrichtungen Tariflöhne gezahlt werden.
Krankenhäuser: Mehr Lohn und mehr Personal schon da - aber es reicht nicht
Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) betont, dass die geforderten Veränderungen längst eingeleitet wurden. Allein von Oktober 2019 bis Oktober 2020 hätten die deutschen Krankenhäuser die Zahl der Pflegekräfte insgesamt um 18.500 aufgestockt, trotz zahlreicher Abgänge im Corona-Jahr. "Anders als vielfach berichtet, haben die Kliniken in der Pandemie kein Personal abgebaut, sondern vielmehr deutlich zusätzlich eingestellt", sagt DKG-Vorsitzender Gerald Gaß.
Auch beim Thema Geld habe es Fortschritte gegeben, betont Gaß: Die Bruttoverdienste von Fachkräften in Krankenhäusern seien seit 2010 um ein Drittel gestiegen - auf durchschnittlich 3.500 Euro.
Ruf nach normalen Arbeitszeiten
Doch die Entlohnung sei nur ein Aspekt unter vielen, die sich dringend ändern müssen, sagte Pfleger Marcel Kunz aus Münster am Mittwoch im Interview mit WDR 4. Immer noch sei das Personal in vielen Kliniken so knapp bemessen, dass an normale Arbeitszeiten nicht zu denken sei.
Trotz allem liebe er seinen Job, meint Kunz. Menschen durch Lebenskrisen zu begleiten, sei eine sinnvolle und sehr befriedigende Aufgabe. Aber: "Es müssen einfach Bedingungen geschaffen werden, die es ermöglichen, Pfleger auch lange im Beruf zu halten."
Ambulante Pflege: Von der Politik vergessen?
Während Kliniken und Altenheime derzeit im Fokus stehen, klagen ambulante Pflegedienste, dass sie in der derzeitigen politischen Diskussion offenbar keine Rolle spielen. Dabei werden laut Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) über zwei Drittel der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt - und eben nicht in Kliniken oder Pflegeheimen.
Ein Beispiel: Die Honorare, die mobile Pfleger für Leistungen wie das Waschen von bettlägrigen Personen erhalten, würden nicht erhöht. Das bedeute, dass Pflegebedürftige künftig mehr aus eigener Tasche zahlen müssen oder nicht ausreichend versorgt werden, sagt ASB-Hauptgeschäftsführer Uwe Martin Fichtmüller. "In der ambulanten Pflege haben steigende Kosten bereits jetzt zu einer Entwertung der Sachleistungen geführt. Dieser Trend muss dringend umgekehrt werden."