Stefanie Krüger-Peter aus Schwerte ist Vorsitzende der "Landeselternschaft der Förderschulen mit Schwerpunkt geistige Entwicklung NRW". Ihr 18-jähriger Sohn besucht eine Förderschule. Über die landesweite Wiedereröffnung der Schulen für Kinder mit Handicap ab Montag (25.05.2020) zeigt sie sich erleichtert, hat aber auch Kritik.
WDR: Warum kommt aus Sicht der Landeselternschaft die Wiedereröffnung der Förderschulen zu spät?
Stefanie Krüger-Peter: Weil in den letzten Wochen wertvolle Zeit verloren gegangen ist. Zeit, in der Familien schon hätten entlastet werden können. Mit den jetzt erarbeiteten Hygienekonzepten hätte man schon früher anfangen und sich zum Beispiel an den Konzepten der Kindertagesstätten orientieren können.
WDR: Die Landesregierung hatte vor allem Bedenken, dass beim Transport und im Schulalltag die Schüler die Abstands- und Hygieneregeln nicht einhalten können. Sie war daher zögerlich. Ist das nicht verständlich?
Krüger-Peter: Die logistische Seite muss gut geplant werden. Das sehe ich ein. Die Busse dürfen nicht zu voll sein. Aber das Thema Hygienekonzepte für die Schulen ist meiner Meinung nach sehr hoch gehängt worden. Es sind eben nur wenige Schüler, die sich nur schwer an die Hygieneregeln halten können. Für die müssen natürlich Lösungen gefunden werden. Wir haben aber eben auch ganz viele sozial kompetente Schüler. Die achten aufeinander. Unsere Schüler werden da wirklich unterschätzt.
WDR: Nach unseren Informationen hatte sich aber selbst die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gegen eine frühe Öffnung der Förderschulen ausgesprochen.
Krüger-Peter: Das ist sehr enttäuschend. Wir hätten uns gewünscht, dass gerade die Sonderpädagogen einen anderen Blick auf ihre Schüler haben und einfach da auch die Chancen sehen. In den Förderschulen ist ganz viel lebenspraktischer Unterricht. Schon zu Beginn der Corona-Zeit ist ganz viel geübt worden, wie in den Ellbogen geniest oder Abstand gehalten wird.
WDR: Die meisten Schüler haben an den Förderschulen, ähnlich wie an den regulären Schulen, auch nur wenige Tage bis zu den Sommerferien Unterricht. Hilft das denn überhaupt bei Kindern, die einen so hohen Betreuungsbedarf haben?
Krüger-Peter: Auch wenn es für viele nur fünf Tage Unterricht bis zu den Sommerferien sind, ist es für viele Familien schon eine Entlastung. Positiv ist zudem, dass die Schulbegleiter die Kinder jetzt auch zuhause begleiten können. Das war lange ein Streitpunkt zwischen Kommunen und Eltern. Und was wir als Elternvertreter uns außerdem wünschen, ist ein Betreuungsangebot in den Sommerferien.
WDR: Warum? Weil sie schon jetzt zu lange mit der Betreuung zuhause allein gelassen wurden?
Krüger-Peter: Genau. Viele Eltern aber haben uns ihre Situation zuhause beschrieben. Die waren am Limit und verzweifelt. Sie wussten nicht, wie es ohne Förderschule und die Angebote, die die Kinder dort bekommen, weiter gehen soll.
Das Interview führte Daniel Chur.