Nach einer Corona-Impfung kommt es nur selten zu schweren Nebenwirkungen. Aber sie kommen vor: Impfkomplikationen, Langzeitfolgen, Impfschäden und Todesfälle.
Was weiß man über Impfschäden?
"Ich vermisse in den Medien verständliche Informationen darüber, welche und wie viele Impf-Folgen erfasst worden sind und über welchen Zeitraum hinweg sie beobachtet werden", sagt Karla Festersen aus Arnsberg im Sauerland. Die 74-Jährige ist geboostert. Aber sie beobachtet: "Impfgegner fürchten sich oft vor Impfschäden." Was weiß man also darüber? Das fragte sie den WDR.
Klar ist: Die Nebenwirkungen der Corona-Impfungen werden in Deutschland sehr genau beobachtet - vor allem schwerwiegende, lang anhaltende und solche mit Todesfolge. Erfasst werden sie zentral und anonymisiert vom Paul-Ehrlich-Institut, der Bundesbehörde für Impfstoffe und Arzneimittel.
Weniger klar ist: In welchen der Verdachtsfälle ist wirklich die Impfung die Ursache der Erkrankung oder des Todes? Das wird ständig geprüft - nicht nur vom Paul-Ehrlich-Institut, sondern auch von den Behörden, die für die Versorgung von Impfgeschädigten zuständig sind. Unterschieden wird bei Nebenwirkungen oft zwischen Impfreaktionen und Impfkomplikationen. Impfschäden wiederum sind dauerhafte Beeinträchtigungen durch Impfkomplikationen, durch die man Anspruch auf finanzielle Hilfe hat.
Impfreaktionen: übliche Nebenwirkungen
Impfreaktionen sind häufige, eher leichte Nebenwirkungen - zum Beispiel muskelkaterähnliche Schmerzen im Impfarm, Kopfschmerzen und Fieber. "Diese Reaktionen sind Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab", teilt das Robert Koch-Institut mit.
Für Impfreaktionen gibt es keine Meldepflicht. Jeder kann sie aber freiwillig dem Paul-Ehrlich-Institut melden - über die App Save-Vac, über www.nebenwirkungen.bund.de oder per E-Mail, Telefon und Post.
Impfkomplikationen: teils schwerwiegend
Impfkomplikationen sind Nebenwirkungen, die über das übliche Maß an Impfreaktionen hinausgehen. Das Infektionsschutzgesetz verpflichtet Ärztinnen und Ärzte dazu, Fälle zu melden, die im Verdacht stehen, mit der Corona-Impfung zusammenzuhängen. Darunter fallen auch schwerwiegende Impfkomplikationen wie Herzmuskelentzündungen, Thrombosen, Gehirnentzündungen oder das Guillain-Barré-Syndrom, das sich unter anderem in einer Muskelschwäche äußert.
Herzmuskelentzündungen kommen dabei am häufigsten vor - vor allem bei jungen Männern. Die Erkrankung ist aber sehr gut zu behandeln und heilt in den allermeisten Fällen folgenlos aus. In seltenen Fällen führen Impfkomplikationen zum Tod.
Für das erste Jahr der Corona-Impfungen nennt das Paul-Ehrlich-Institut - gerundet - diese Zahlen:
- 149 Millionen Impfungen in Deutschland
- 30.000 Verdachtsfälle schwerwiegender Impfkomplikationen - das entspricht 0,02 Prozent der verimpften Dosen. Ob die Impfung tatsächlich die Ursache ist, ist häufig ungeklärt.
- 85 Todesfälle sind nach Ansicht des Paul-Ehrlich-Instituts durchaus wahrscheinlich auf die Impfung zurückzuführen. Dass die Impfung die Ursache ist, sei in diesen Fällen "möglich oder wahrscheinlich", heißt es im Sicherheitsbericht. Insgesamt wurden der Behörde 2.255 Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang gemeldet. In den meisten dieser Fälle besteht lediglich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Impfung und Tod.
Impfschäden: mehr als sechs Monate
Ein Impfschaden ist eine dauerhafte, mindestens sechs Monate andauernde Folge einer Impfkomplikation, die den Geschädigten zudem wirtschaftlich beeinträchtigt. Für Impfschäden, die durch eine Corona-Impfung entstanden sind, haftet in der Regel der Staat. So ist es dem Infektionsschutzgesetz zu entnehmen.
Allerdings ist die Anerkennung eines Impfschadens kompliziert und oft langwierig. Die allermeisten Anträge sind daher noch in Bearbeitung. Wie viele Impfschäden durch Corona-Impfungen verursacht wurden, lässt sich daher noch nicht sagen. Aber schon die Zahl der Anträge zeigt: Gemessen an der Zahl der Impfungen sind es nicht viele.
Zuständig für Impfschäden in NRW sind die beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe. Am 9. Februar teilten sie auf WDR-Anfrage zu den Corona-Impfungen mit:
- 258 Anträge auf Versorgung nach einem Impfschaden eingegangen.
- 14 Anträge bewilligt (zum Teil von Hinterbliebenen Gestorbener).
- 9 Anträge abgelehnt.
- 235 Anträge in Bearbeitung.
Zum Vergleich: In NRW gab es mittlerweile 38 Millionen Corona-Impfungen. Das Gesundheits-Risiko einer Corona-Infektion ist deutlich höher als das einer Impfung. In NRW starben allein im vergangenen Jahr mehr als 12.000 Menschen an oder mit Corona.
Übrigens: Impfkomplikationen können zwar in "absoluten Ausnahmen" lange anhalten, so das Paul-Ehrlich-Institut, und somit als Impfschäden anerkannt werden. Aber: Spätfolgen, die erst lange nach der Impfung auftreten, gibt es laut der Behörde nicht. "Nebenwirkungen, die erst Jahre nach einer Impfung auftreten, sind bei Impfstoffen nicht bekannt." Aus jahrelanger Erfahrung wisse man, "dass die meisten Nebenwirkungen innerhalb weniger Stunden oder weniger Tage nach einer Impfung auftreten" - und nur in seltenen Fällen nach Wochen oder wenigen Monaten.
Über dieses Thema berichtete am 12.02.2022 auch das WDR 5 Morgenecho und die "Aktuelle Stunde" im WDR Fernsehen.