Pascal Rusch aus Wesel hat mit seiner Frau ein Reihenhaus auf Kredit gekauft. Tochter Lilly ist acht Monate alt. Rusch ist Feuerwehrmann und muss auch in brenzligen Situationen ruhig bleiben. Aber wenn er in den Nachrichten von der Neuverschuldung des Bundes hört, könnte sogar er nervös werden.
Corona-Schulden: Sorgen um die nächste Generation
"Klar, Niedrigzinsen sind aktuell - keine Frage", sagt Rusch. "Aber das Geld muss trotzdem irgendwann zurückgezahlt werden." Vielleicht werde es schon seine Generation zu spüren bekommen, so Rusch, "aber gerade auch die Generation meiner Tochter."
Allein 2022 will die Bundesregierung rund 100 Milliarden Euro weitere Schulden aufnehmen. Das hat das Kabinett am Mittwoch beschlossen. Mit den geplanten Schulden würde die Schuldenbremse das dritte Jahr in Folge nicht greifen. Ganz anders war es noch vor Corona: Da gelang dem Bund sechs Jahre in Folge sogar die "Schwarze Null".
Strategien gegen den Schuldenberg
Wie umgehen mit den Corona-Schulden? Darüber führen Politiker und Ökonomen heiße Diskussionen. Vor allem diese Strategien gibt es:
- Schulden langsam tilgen, Schuldenbremse weiter aussetzen: Dafür plädieren z.B. das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft, aber auch der Deutsche Gewerkschaftsbund. Die Corona-Schulden sollten nicht innerhalb von 20 Jahren abgezahlt werden, wie vom Bund geplant, sondern auf 40 Jahre ausgedehnt werden. Die Absicht dahinter: mehr Spielraum für Investitionen zur Stärkung der Wirtschaft - und somit hohe Steuereinnahmen.
- Schuldenbremse einhalten: Das fordert hingegen die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen. Alles andere sei ungerecht gegenüber den heutigen Kindern und den nachfolgenden Generationen. Allerdings wären damit wohl auch Ausgabenkürzungen verbunden. Zurück zur Schuldenbremse will u.a. auch die AfD.
- Steuererhöhungen: Eine größere Last für Unternehmen, eine höhere Erbschaftssteuer oder eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer - Vorschläge wie diese kommen von SPD, Grünen und Linken.
- Steuererleichterungen: Entlastung für Unternehmen, um die Wirtschaft zu stärken, das fordern u.a. CDU/CSU und FDP.
- Corona-Soli: Einen solchen fordert die SPD. Er soll die Fortsetzung des bisherigen Soli sein, den mittlerweile nur noch Reiche zahlen.
- Einmalige Vermögensabgabe: Auch so könnten Reiche zur Kasse gebeten werden - eine Forderung der Linken.
Viele Experten bleiben cool
Trotz der vielen Corona-Schulden ist unter Ökonomen, Politikern und Unternehmern eine bemerkenswerte Gelassenheit zu beobachten. Der Grund: Der deutschen Wirtschaft geht es weiterhin gut. Die Schuldenquote, also das Verhältnis des Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt, ist deutlich niedriger als in vielen anderen Ländern, wie etwa Italien, Frankreich und die USA.
Niedrige Zinsen - günstige Schulden
Die Niedrigzinsen, von denen auch Pascal Rusch für sein Eigenheim profitiert, sind ein weiterer Grund für die Gelassenheit so mancher Politiker. Im aktuellen Bundeshaushalt nehmen Zinstilgung und Ähnliches nicht mal drei Prozent der Ausgaben ein.
Im ersten Corona-Jahr wuchs der Schuldenberg des deutschen Staates auf insgesamt 2.332 Milliarden Euro an. Wie wir damit umgehen, entscheidet nicht mehr die jetzige Regierung. Bei der Bundestagswahl am 26. September stimmen die Deutschen auch darüber ab.