Aufhebung des Corona-Besuchsverbots setzt Altenheime unter Druck

Stand: 09.05.2020, 17:28 Uhr

  • Besuche im Altenheim wieder möglich
  • Kurzfristige Planung des Landes
  • Anforderungen an Heime sind hoch

Nach sechs Wochen der Isolation dürfen Bewohner von Seniorenheimen in NRW seit Samstag (09.05.2020) wieder Besucher empfangen. Erst am Dienstag hatte das NRW-Sozialministerium angekündigt, das strenge Besuchsverbot in den landesweit rund 2.200 Einrichtungen mit 170.000 Bewohnern am Muttertag (10.05.2020) zu lockern.

In der neuen Coronaschutzverordnung des Landes wurde der Öffnungstermin dann überraschend noch einen Tag früher angesetzt - auf den Samstag. "Den Heimen wird es dadurch ermöglicht, sich auf den kommenden Muttertag vorzubereiten, Besucherströme am Wochenende besser zu steuern und zu entzerren", sagte eine Ministeriumssprecherin dem WDR am Samstag. Einen plausiblen Grund, warum der neue Termin nicht besser kommuniziert wurde, nannte die Sprecherin nicht.

Überall angekommen, ist die Information offenbar nicht: Bei mehreren telefonischen Stichproben in Heimen in NRW erklärten Pflegekräfte dem WDR, der neue Termin sei ihnen nicht bekannt. "Die Ankündigung war sowieso schon extrem kurzfristig", sagte eine Mitarbeiterin eines Dortmunder Altenheims, "und die Organisation ist kompliziert". Wenn am Muttertag wenigstens ein paar Bewohner ihre Angehörigen wiedersehen könnten, dann sei das schon ein großer Erfolg. "Heute sind wir noch nicht soweit."

Kritik an der Landesregierung

Auch das Heim der Arbeiterwohlfahrt in Heinsberg blieb am Samstag für Besucher geschlossen. Geschäftsführer Andreas Wagner kritisierte die Öffnungspolitik der Landesregierung. So einfach, wie die Politik sich das vorstelle, sei es nicht. Es sei "enormer Aufwand", die Besuche zu koordinieren.

So sollen am Muttertag in Heinsberg etwa 40 der 120 Heimbewohner Besuch bekommen, die anderen in der kommenden Woche. Statt normalerweise vier Mitarbeiter je Schicht würden am Sonntag 20 eingesetzt, sagte Wagner.

Heime müssen Personal abstellen

Tatsächlich sind die Anforderungen an die Einrichtungen hoch: Sie müssen unter anderem mit den Angehörigen einen genauen Besuchstermin absprechen, die Besucher namentlich registrieren und während des Besuchs kontrollieren, dass sämtliche Hygienestandards des Robert-Koch-Instituts eingehalten werden.

"Viele Einrichtungen müssen erstmal die baulichen Voraussetzungen schaffen", sagte Markus Lahrmann von Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Denn auf den Zimmern der Bewohner sind auch künftig Besucher unerwünscht. Die Treffen sollen wenn möglich in separaten Arealen stattfinden, etwa in Zelten und Containern auf Terrassen oder im Garten. "Die Heimleitungen geben ihr Bestes, denn die Isolation war für alle eine harte Zeit." Dennoch müssten viele Angehörige und Bewohner bis zu ihrem ersten Besuch noch mit Wartezeiten rechnen.

Das kündigt auch Gabriele Patzke vom Städtischen Seniorenzentrum in Köln an. Angesichts der begrenzten räumlichen Kapazitäten und des enormen Zeit- und Personalaufwandes für jeden einzelnen Besuch sei jetzt schon klar, dass viele Angehörige auf einen Besuch am Muttertag verzichten müssten.

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