Stadt Köln missachtet in mehr als 90 Fällen Sicherheitsregeln für Security-Mitarbeiter

Stand: 19.01.2023, 16:15 Uhr

In der Silvesternacht hat die Stadt Köln rund um den Dom mehr als 90 private Sicherheitskräfte eingesetzt, ohne dass sie zuvor vom Verfassungsschutz überprüft wurden. Mit der vorgeschriebenen Sicherheitsüberprüfung soll unter anderem ausgeschlossen werden, dass sich Terroristen unter die Sicherheitsleute mischen.

Von Oliver Köhler

Am Nachmittag des 31. Dezember herrschte im Kölner Domforum dichtes Gedränge. Männer und Frauen in dunkler, wetterfester Kleidung standen in dem Veranstaltungsraum im Schatten des Doms Schlange. Sie meldeten sich zum Dienst als Sicherheitsleute für den Einsatz an den Absperrungen und den Zugangskontrollen der böllerfreien Zone rund um den Dom und am Deutzer Rheinufer. Mehr als 600 Kräfte privater Sicherheitsunternehmen waren für den Einsatz in der Silvesternacht vorgesehen

Das Problem: 95 Männer und Frauen, die an diesem Nachmittag des 31.12. zum Dienst erschienen, standen auf keiner der Listen, mit denen die privaten Sicherheitsunternehmen ihre Mitarbeiter für die Silvesternacht beim Kölner Ordnungsamt anmelden mussten.

Überprüfung soll vor Straftätern und Attentätern schützen

Die Anmeldung der Sicherheitskräfte schon Tage vor dem Einsatz ist notwendig, damit das Ordnungsamt prüfen kann, ob von den Leuten, die in der Menschenmasse Dienst tun sollen, möglicherweise Gefahren ausgehen.

Diebe, Sexualstraftäter und vor allem mögliche Attentäter sollen rechtzeitig erkannt und für den Einsatz als Sicherheitsleute gesperrt werden.

Doch am 31.12. standen zum Check-In für die Securities um 16 Uhr plötzlich 95 Männer und Frauen im Domforum, die das Ordnungsamt nicht überprüft hatte. Denn ihre Namen standen nicht in den Meldelisten.

Stadt Köln: "Technischer Fehler" 

Die Stadt erklärte dazu in einer schriftlichen Stellungnahme an den WDR: Es habe "einen technischen Fehler bei der Übermittlung der Daten" gegeben. Dieser Fehler sei "erst durch das Erscheinen der Personen beim Check-in" aufgefallen.

"Ohne eine gründliche Überprüfung durch Verfassungsschutz und Polizei, dürfen Sicherheitskräfte bei solchen Großveranstaltungen wie am Kölner Dom nicht eingesetzt werden", sagt der Sicherheitsexperte der Gewerkschaft ver.di, Andreas Rech. Der ver.di-Fachmann hat selbst jahrelang in verschiedenen Funktionen in Sicherheitsunternehmen gearbeitet. "Veranstaltungen mit vielen Menschen am weltbekannten Kölner Dom sind mögliche Anschlagsziele", sagt Sicherheitsexperte Rech.

Telefonische Abfrage bei der Polizei

Das Kölner Ordnungsamt versuchte die Sicherheitsüberprüfung am frühen Silvesterabend nachzuholen. "Alle 95 Personen wurden durch telefonische Abfrage bei der Polizei überprüft", erklärt die Stadt Köln auf WDR-Anfrage.

"Die Stadt hätte die Sicherheitskräfte nach Hause schicken müssen als klar war, dass eine Überprüfung durch den Verfassungsschutz nicht möglich ist." Andreas Rech, Sicherheitsexperte Ver.di

Die Polizei bestätigt, für die Stadt Köln Personen überprüft zu haben. "Wir haben in der zur Verfügung stehenden Datenbank nachgesehen, ob Haftbefehle gegen die Personen bestanden oder ob sie zur Fahndung ausgeschrieben waren", erklärte dazu ein Sprecher der Polizei. "Mehr konnten wir an diesem Abend nicht mehr leisten." Abfragen von Vorstrafen, Überprüfungen bei Verfassungsschutzämtern oder beim Staatsschutz der Polizei seien zu diesem Zeitpunkt für 95 Personen nicht mehr möglich gewesen.

"Die Stadt hätte die Sicherheitskräfte nach Hause schicken müssen als klar war, dass eine Überprüfung durch den Verfassungsschutz nicht möglich ist", sagt Sicherheitsexperte Andreas Rech von der Gewerkschaft Ver.di. "Denn eine solche Prüfung Großveranstaltungen mit zwingend vorgeschrieben."

Im Interview mit der Lokalzeit aus Köln nahm ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg die Stadt in Schutz:

"Die Stadt Köln musste sich entscheiden: Was tut man? Am Ende ging es darum, nicht eine Großveranstaltung zu sichern, sondern eine Böllerverbotszone. Insofern hat man das getan, was man in der Kürze der Zeit tun konnte, nämlich die Polizei zu bitten mit ihren Mitteln die Namen zu überprüfen um zu sehen ob jemand zur Fahndung ausgeschrieben ist oder von der Polizei gesucht wird, " so Götschenberg.

Die Stadt schickte aber nur zwei der 95 Männer und Frauen wieder nach Hause, weil sie entweder zur Fahndung ausgeschrieben waren oder ein Haftbefehl gegen sie bestand.

Die anderen 93 wurden dagegen in der Kölner Innenstadt als Sicherheitskräfte eingesetzt.

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