Eine Halle für Geflüchtete
Lokalzeit aus Düsseldorf. 06.11.2023. Verfügbar bis 06.11.2025. WDR. Von Catrin Risch.
Turnhalle wird Flüchtlingsheim - Sportler sehen das kritisch
Stand: 06.11.2023, 21:23 Uhr
Die Stadt Krefeld richtet eine Sporthalle im Stadtteil Gartenstadt für Flüchtlinge ein. In zwei Wochen sollen dort die ersten von bis zu 80 Geflüchteten einziehen.
Von Peter Hild
Mitten in einer Sporthalle im Krefelder Stadtteil Gartenstadt bauen Mitarbeiter der Stadt am Montagmorgen mit lauten Schlägen die ersten Stahlgerüste der Etagenbetten auf. In weniger als zwei Wochen sollen hier die ersten von bis zu 80 Geflüchteten unterkommen. Alle anderen Möglichkeiten sind laut Stadt bereits ausgeschöpft. Die betroffenen Schulen und Vereine sind von der kurzfristigen Sperre wenig begeistert.
Normalerweise wird hier Volleyball gespielt
Jan Moertter vom Verberger Turnverein greift schnell noch ein paar Sachen aus dem Geräteabstellraum, wo in den nächsten Tagen große Kühlschränke für die Flüchtlinge installiert werden sollen. Normalerweise spielen in der Halle mehrere Volleyballmannschaften des Vereins, außerdem finden dort Kurse für Yoga und Rückengymnastik statt.
Freizeitsportler wenig begeistert
"Die Halle ist erst seit Februar wieder frei, jetzt kommt die nächste Sperre. Wir müssen das wieder den Mitgliedern verklickern, neue Wege, teilweise andere Stadtteile, die Begeisterung ist überschaubar", erzählt Moertter, aus er mit einem Volleyballnetz unter dem Arm die Halle verlässt.
Die Stadt habe frühzeitig informiert und natürlich müsste Flüchtlinge auch geholfen werden, betont er. "Aber wir bräuchten wirklich mal andere Lösungen, schnell ne Halle zu sperren ist für die Stadt natürlich das Einfachste." Da müssten Land und Bund eben mehr Geld in die Hand nehmen.
Schule hat Krisenroutine entwickelt
Auch Alexander Ebert schaut bei den ersten Arbeiten vorbei. Als Schulleiter der Bodelschwingh-Förderschule auf der anderen Straßenseite muss er die Eltern informieren, dass ihre Kinder jetzt woanders ihren Sportunterricht absolvieren müssen.
"Das war kommunikativ schon eine Nacht-und-Nebelaktion aus unserer Sicht. Die logistischen Herausforderungen sind enorm, aber über die Jahre hat man eine gewisse Frustrationstoleranz, aber auch Routine entwickelt", erzählt Ebert mit einem etwas gequältem Lächeln.
Die Stadt habe gute Ausweichmöglichkeiten angeboten, so dass der Umzug der Schüler im Vergleich zum Schicksal der Flüchtlinge natürlich das kleinere Übel sei. Ebert gibt sich überzeugt, dass auch die Eltern für die Änderungen Verständnis haben.
Stadt fordert längerfristige Finanzierung
Markus Schön verfolgt die Arbeiten mit ernster Miene. Der Krefelder Stadtdirektor hätte diese Situation gerne unter allen Umständen vermieden, aber die Kapazitäten der Stadt seien erschöpft, und kurzfristig nichts anderes möglich. "Würden Land und Bund uns ausreichend Geld bereitstellen, könnten wir auch strategisch und vor allem längerfristig Unterkünfte planen und bereithalten und hätten jetzt nicht diesen Engpass", klagt Schön.
Schön erwartet, dass Bund und Länder bei der Ministerpräsidentenkonferenz ein durchgeregeltes Finanzierungskonzept für die Kommunen auf die Beine stellen, damit diese nicht immer wieder vor Zerreißproben stünden.
Anwohner kritisieren Flüchtlingsverteilung
Auf einer Terrasse in einem benachbarten Wohnblock steht Joshua de Greiff auf seinem Balkon und raucht eine Zigarette. Von dort hat der direkten Blick auf den Halleneingang, durch den städtische Mitarbeiter Turngeräte in Transporter schleppen. Fotografieren lassen möchte sich nicht. "Ich halte die Unterbringung von Flüchtlingen dort für problematisch, wenn dann Vereine dadurch den Kürzeren ziehen."
Er habe auch schon von Ängsten bei einigen Nachbaren gehört, erzählt de Greiff. "Wenn das alles kontrolliert abläuft und überwacht ist, ist das ja ok. Ich hoffe, dass hier demnächst nicht alles zugemüllt ist rund um die Halle." Er könne nicht nachvollziehen, warum Flüchtlinge nach Krefeld geschickt würden, wenn hier kein Platz mehr sei.
Ähnlich sieht es auch ein anderer Anwohner, ein Rentner, der mit seinem Hund gerade an der Halle vorbeiläuft. Er möchte seinen Namen nicht öffentlich machen und auch nicht fotografiert werden. "Ich finde es nicht in Ordnung, wie unsere Regierung das macht. Wenn wir hier in Krefeld keinen Platz mehr haben, dann müssen die Geflüchteten eben zurückgeschickt werden oder woanders unterkommen."
Jetzt würden wieder Senioren und Kinder, die in der Halle Sport trieben, rausgedrängt. Dafür habe er kein Verständnis mehr, sagt der ältere Herr, als mit seinem Hund langsam weitergeht.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 6.11.23 im Fernsehen in der Lokalzeit aus Düsseldorf.