Vor einem Jahr: Explosion in Sondermüllverbrennungsanlage in Leverkusen

Stand: 27.07.2022, 12:43 Uhr

An den drei Chemparkstandorten Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen wird heute der Opfer der Explosion vom 27. Juli des vergangenen Jahres gedacht. Um 9.37 Uhr gab es eine Schweigeminute für die sieben Verstorbenen und 31 Verletzten.

Von Erik Butterbrodt

Gisela Kronenberg wohnt weniger als zwei Kilometer von der Sondermüllverbrennungsanlage in Leverkusen entfernt. Heute vor einem Jahr sitzt sie am Computer, als sie den lauten Knall der Explosion hört. "Ich bin sofort auf die Terrasse und habe ein Video von der riesigen Wolke gemacht. Wahrscheinlich weiß jeder Leverkusener, wo er an dem Tag war. Das ist vergleichbar mit dem 11. September." Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) spricht später von einem tragischen Tag für die Stadt. Er und viele andere sehen in dem Unglück eine Zäsur für die Menschen, denen die Gefahr einer solchen Anlage neu bewusst wird.

Vertrauensverlust der Anwohner gegenüber Currenta

Nach dem Unglück mehren sich schnell kritische Stimmen von Anwohnern gegenüber dem Chemparkbetreiber Currenta. Sie vermissen genaue Informationen darüber, welche Stoffe bei der Explosion freigesetzt wurden. Später wird bekannt, dass durch eine defekte Klappe in einer Abwasserleitung monatelang kontaminiertes Löschwasser in ein Klärwerk und dann in den Rhein floss. Außerdem werden Mängel im Sicherheitsmanagement von Currenta bekannt.

Anlage läuft wieder eingeschränkt, Staatsanwaltschaft ermittelt weiter

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt derzeit noch gegen vier Personen wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässigen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion. Sie geht nach bisherigen Ermittlungen davon aus, dass ein chemisches Abfallprodukt über der erlaubten Selbsterwärmungstemperatur gelagert wurde.

Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr stehen unweit einer Zufahrt zum Chempark Leverkusen, über dem eine dunkle Rauchwolke aufsteigt.

Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr stehen unweit einer Zufahrt zum Chempark Leverkusen, über dem eine dunkle Rauchwolke aufsteigt.

Dabei läuft die Verbrennungsanlage in Leverkusen-Bürrig bereits seit dem 11. Juni wieder. Es gibt diverse Auflagen. Derzeit dürfen beispielsweise keine chemischen Reststoffe gelagert werden. Nur Abfälle aus dem Chempark selbst dürfen hier verbrannt werden. 

Anwohnerin Gisela Kronenberg, die auch als fraktionslose Abgeordnete im Stadtrat sitzt, sagt, dass ihr Respekt vor der Anlage noch größer geworden sei. "Ich bin ein Gegner des Mülltourismus. Der chemische Abfall sollte nicht durch die ganze Republik fahren. Leider haben wir im Stadtrat kaum Einflussmöglichkeiten." Sie hofft auf strengere Kontrollen gegenüber Currenta und auf eine bessere Kommunikation der Landespolitik, der Behörden und des Chemparkbetreibers.

Über dieses Thema berichtet die Lokalzeit aus Köln auch am 27.07.2022 um 19.30 Uhr im WDR Fernsehen und im Hörfunk auf WDR 2.

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