Mobilisierung von jungen Männern in der Ukraine
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Neues Mobilisierungsgesetz der Ukraine in Kraft: Was das für Ukrainer hierzulande bedeutet
Stand: 18.05.2024, 15:55 Uhr
Am Samstag ist in der Ukraine das umstrittene Gesetz zur Mobilisierung von Soldaten in Kraft getreten. Die Initiative hat auch Auswirkungen auf die in Deutschland lebenden männlichen Kriegsflüchtlinge im wehrfähigen Alter.
Die ukrainischen Streitkräfte verzeichnen im Krieg gegen Russland massive Verluste – und haben große Schwierigkeiten, weitere Soldaten zu rekrutieren. Viele ukrainische Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren sind wegen des Kriegs ins Ausland geflohen. Diese Flüchtlinge will Kiew mit dem neuen Gesetz zur Rückkehr in die Heimat bewegen, damit sie an der Front kämpfen.
Was sieht das Gesetz vor?
Das Gesetz verschärft die Regeln zur Erfassung von wehrfähigen Männern. Das Einberufungsalter wird auf 18 Jahre heruntergesetzt. Zudem müssen mit dem neuen Gesetz alle Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren ihren Wehrpass mit sich führen. Sie stehen zudem in der Pflicht, innerhalb von zwei Monaten ihre persönlichen Daten auf den neuesten Stand zu bringen, andernfalls drohen Strafen.
Was heißt das für in Deutschland lebende männliche Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine?
Ukrainische Männer, die vor dem Krieg geflohen sind und sich im Ausland aufhalten, bekommen nur noch bei vorhandenen Wehrpapieren neue Reisedokumente ausgestellt. Solche Wehrpapiere gibt es aber nur bei einer Rückkehr in die Ukraine.
Laut Mediendienst Integration, der von dem gemeinnützigen Rat für Migration herausgegeben wird, sind derzeit gut 1,15 Millionen ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland registriert. Der Anteil der Frauen beläuft sich hierbei auf etwa 64 Prozent, der der Männer auf rund 35 Prozent. Nach der Studie "Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland" - verfasst von mehreren Forschungsinstituten - waren die meisten Geflüchteten aus der Ukraine zwischen 30 und 39 Jahre alt.
In NRW lebten zum Stichtag 31. Dezember 2023 insgesamt 251.195 Menschen aus der Ukraine, darunter 98.480 Männer.
Wie geht es den in Deutschland lebenden wehrfähigen Ukrainern damit?
Derzeit gibt es keine Regelung für die Mobilisierung der im Ausland lebenden wehrfähigen Ukrainer. Sie seien jedoch beunruhigt, dass das neue Gesetz den Grundstein für einen möglichen Einzug lege, meint Alla Kordasevych von WDRforyou im Gespräch mit WDR 5.
"Nicht jeder kann eine Waffe in der Hand halten und töten", meint ein Betroffener. Man habe zwar Verständnis dafür, dass die ukrainische Armee neue Soldaten benötigt, allerdings unterstützen die im Ausland lebenden Ukrainer ihr Land auf verschiedene Art und Weise und bilden so Rückhalt für die Front.
Von einem Zwang, allzeit bereitzustehen - auch im Ausland - halten die ukrainischen Männer wenig. Sie fühlen sich unter Druck gesetzt und befürchten, dass sich viele nun von der Ukraine abwenden, berichtet Alla Kordasevych.
Wie gehen deutsche Behörden mit der neuen Situation um?
Um Ukrainern, die nicht einberufen werden wollen, weiter einen legalen Aufenthalt zu ermöglichen, könnte die Bundesrepublik dieser Personengruppe Passersatzpapiere ausstellen. Rudi Friedrich von der Friedensorganisation Connection mit Sitz in Offenbach, die Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus aller Welt unterstützt, zweifelt jedoch daran, dass die deutschen Behörden dazu bereit sind. Auch bei Bürgern anderer Staaten werde die Ausgabe sehr restriktiv gehandhabt, sagte er der Nachrichtenagentur epd. So sei beispielsweise von Staatsbürgern Eritreas, wo eine faktisch unbefristete Wehrpflicht für Männer und Frauen gilt, lange die Beschaffung regulärer Reisepässe eingefordert worden. Die Botschaft Eritreas habe Dokumente nur ausgestellt, wenn die Antragsteller eine offizielle Reueerklärung abgaben, in der sie einer Bestrafung zustimmten.
Als legaler Ausweg für wehrpflichtige Ukrainer ohne gültige Papiere bleibt nach Auskunft des Hilfsvereins Connection künftig schlimmstenfalls nur noch ein Asylantrag. "Die Ukraine erkennt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an“, sagte Rudi Friedrich. "Das ist ganz klar ein Menschenrechtsverstoß." Ein Erfolg solcher Asylgesuche in der jetzigen Situation bleibe allerdings ungewiss.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur AFP
- Nachrichtenagentur epd
- Statistisches Landesamt NRW
- Mediendienst Integration