Inklusion in Sportvereinen
Lokalzeit aus Aachen. 28.05.2024. 02:46 Min.. Verfügbar bis 28.05.2026. WDR. Von Katja Stephan.
Heinsberger Karnevalsverein lebt Inklusion im Sport vor
Stand: 29.05.2024, 10:40 Uhr
In NRW fehlen inklusive Sportangebote. Diese Erfahrung musste auch Jette Goebbels aus Heinsberg machen. Die Fünfjährige hat Trisomie 21.
Von Katja Stephan
An der Hand ihrer Mutter betritt Jette die Turnhalle in Heinsberg-Kempen. Die anderen Kinder warten schon: Gleich beginnt das Training.
Jette Goebbels gehört zum Team der Kindertanzgruppe des Karnevalsvereins Kemper Gröne. Sie strahlt, als sie die anderen Kinder sieht: "Jette liebt Musik und Tanzen. Und sie hat einen starken Bewegungsdrang", erklärt ihre Mutter Kerstin Goebbels.
Einfach ausprobieren
Jettes Gruppe bespricht sich vor dem Training
Jette ist ein bis zwei Jahre in der Entwicklung verzögert. Vor dem ersten Training hat Betreuerin Martina Blittgens ein Gespräch mit den Eltern geführt. "Für uns war wichtig: Welche Einschränkungen hat Jette? Kann sie allein trinken? Kann sie allein auf die Toilette gehen? Und dann haben wir gesagt: Wir probieren es einfach aus."
Vier Trainerinnen betreuen die Kinder der Tanzgruppe. Das ist überdurchschnittlich viel für einen kleinen Ortsverein. Und genau darin sieht Alexander Frings von der Lebenshilfe Heinsberg auch die Herausforderung.
Wer soll die Kinder betreuen?
Es mangelt an Übungsleiterinnen und Übungsleitern, die es sich zutrauen, Kinder mit Förderbedarf zu betreuen. "Viele haben Angst, Fehler zu machen. Da gibt es viel Unwissenheit und auch Berührungsängste."
Dabei hat eine Befragung des Stadtportbundes Aachen ergeben, dass mehr als die Hälfte der Menschen mit Beeinträchtigung ein starkes Interesse daran haben, Mitglied in einem Sportverein zu sein. Doch nur 29,6 Prozent sind es tatsächlich.
Landessportbund sieht Handlungsbedarf
Jette sitzt auf dem Boden der Turnhalle und strahlt
Sina Eghbalpour hat die Untersuchung im Rahmen ihrer Doktorarbeit durchgeführt. Dabei hat sie auch festgestellt, dass viele Übungsleiter sich wünschen, während ihrer Ausbildung besser auf das Thema Inklusion vorbereitet zu werden. Auch der Landessportbund sieht beim Thema Inklusion Handlungsbedarf und hat gemeinsam mit der Landesregierung und anderen Partnern bereits 2019 einen Aktionsplan entwickelt.
"Inklusion nicht um jeden Preis"
Jettes Mutter, Kerstin Goebbels, freut sich, dass ihre Tochter im Tanztraining nicht nach ihren Mängeln bewertet wird, sondern Teil der Gemeinschaft sein kann. Doch mit Blick auf die Zukunft sagt sie auch: "Wenn Jette in der Leistung abfällt oder die Gruppe stört, dann müssen wir eine andere Sportart suchen. Inklusion kann nicht um jeden Preis funktionieren. Aber ich hoffe, dass wir hier im Verein noch ein paar schöne Jahre vor uns haben."
Unsere Quellen:
- Landessportbund NRW
- Stadtsportbund Aachen
- Lebenshilfe Heinsberg
- Reporterin vor Ort