Obdachlose und ihre Hunde - kein Platz in Bonner Unterkünften

Lokalzeit aus Bonn 19.12.2024 05:58 Min. Verfügbar bis 19.12.2026 WDR

Obdachlose und ihre Hunde - kein Platz in Bonner Unterkünften

Stand: 21.12.2024, 06:00 Uhr

In der kalten Jahreszeit haben es Menschen ohne Dach über dem Kopf besonders schwer. Zwar bieten die Stadt Bonn und kirchliche Träger Notunterkünfte an, aber die reichen nicht aus für alle und lassen auch längst nicht jeden rein. Ein Ausschlusskriterium: ein Haustier.

Von Gisela Hartmann

Jeden Mittag ab 13 Uhr kann man die Obdachlose Melanie und ihren Hund Filou auf der Bonner Poststraße treffen. Immer zusammen, immer unzertrennlich. "Für mich ist Filou ein Tröster und eine wandelnde Wärmflasche. Und im Sommer ist er Ventilator. Für mich gehört er zur Familie", erzählt die 46-jährige, während sie Filou durchs Fell streicht.

"Ich sag immer, ein Tier kann dich nicht so verletzen wie ein Mensch" Die obdachlose Melanie über ihren Hund

Erst war der Job, dann die Wohnung weg

Vor vier Jahren hat Melanie erst ihren Job in einer Bäckerei und dann ihre Wohnung verloren. Filou hatte sie zu dem Zeitpunkt schon. Nachts schlafen die beiden seitdem in einer Bonner U-Bahn-Haltestelle, weil sie mit Hund in keine Obdachlosenunterkunft reinkommt.

Sich von ihm zu trennen kam für Melanie nicht in Frage, sagt sie. "Eine Mutter gibt ihr Kind ja auch nicht einfach ab, nur weil es gerade nicht passt."

Kein Platz für Hunde in Obdachlosenunterkünften

Alle Bonner Obdachlosenunterkünfte verbieten Hunde in ihren Einrichtungen, beispielsweise das Haus Maria-Königin in der Bonner Weststadt. Es bietet wohnungslosen Frauen und ihren Kindern eine Anlaufstelle. Heimleiterin Elisabeth Bergmann beobachtet mit Sorge, dass die Zahl obdachloser Frauen in den letzten Jahren immer weiter zunimmt.

"Wir telefonieren fast täglich mit zehn bis 15 Frauen, die auf der Straße stehen", berichtet sie. "Davon haben im Schnitt fünf Frauen ein Haustier. Denen müssen wir leider absagen", erläutert sie. Auch in anderen Städten gilt das Hundeverbot in den meisten Unterkünften.

Alternative Unterkunft: U-Bahn-Haltestelle

Viele Bonner Obdachlose weichen stattdessen in die U-Bahn-Haltestellen aus. Denn in den kalten Monaten von November bis April dulden die Stadtwerke Bonn sie in der Zwischenetage, also nicht direkt am Gleis.

Melanie zeigt, wo sie im Winter die Nächte verbringt: in einer Zwischenebene einer U-Bahn-Haltestelle. Sie schaut dabei in die Kamera.

Melanie zeigt, wo sie im Winter die Nächte verbringt: in einer Zwischenebene einer U-Bahn-Haltestelle.

Für Melanie und Filou, die mit Unterbrechungen seit vier Jahren auf der Straße leben, ist das ein Segen. Melanie sagt sogar, dass der Winter deshalb für sie weniger hart ist als der Sommer: "Im Sommer muss ich jeden Abend aufs Neue schauen, wo ich hin kann. Anders im Winter: Da weiß ich genau, wo ich mich hinlegen kann", sagt sie dankbar.

Filou – ein Stück Sicherheit an Melanies Seite

Natürlich gebe auch ihr Filou ihr ein Stück Sicherheit. "Er schlägt sofort an, wenn sich jemand nähert, bei dem er ein ungutes Gefühl hat. Wenn man auf der Straße lebt, fällt man eh nicht in Tiefschlaf, aber ein bisschen besser abschalten kann ich dank Filou schon", berichtet sie. Ihr Hund ist für sie mehr als ein Haustier, fast schon eine Lebensversicherung.

Unsere Quellen:

  • Melanie
  • Elisabeth Bergmann, Haus Maria-Königin
  • Stadtwerke Bonn
  • Stadt Bonn

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