Tödlicher Polizeieinsatz in Dortmund: Smartphones und Dienstwaffe beschlagnahmt

Stand: 22.09.2022, 17:47 Uhr

Ein 16-jähriger Flüchtling in Dortmund starb durch Polizeischüsse. Nun gab Innenminister Reul weitere Details bekannt: Die Smartphones der Polizisten und die Waffe des Einsatzleiters wurden beschlagnahmt.

Von Sabine Tenta und Helge Hoffmeister

Am 8. August war ein Jugendlicher aus dem Senegal bei einem Polizeieinsatz durch fünf Schüsse aus einer Polizei-Maschinenpistole getötet worden. Seitdem beschäftigt der Fall die Öffentlichkeit, die ermittelnde Staatsanwaltschaft und den NRW-Landtag. Am Donnerstag legte NRW-Innenminister Herbert Reul im zuständigen Ausschuss einen Bericht mit neuen Details vor.

Hat auch der Einsatzleiter geschossen?

Demnach wurden am 14. September die Mobilfunkgeräte der fünf beschuldigten Polizeibeamten beschlagnahmt, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt. Denn es bestehe "die begründete Annahme", dass sich die Beschuldigten nach dem Einsatz "per SMS oder WhatsApp ausgetauscht haben". Darum sei es für die weiteren Ermittlungen von Bedeutung, die entsprechenden SMS- und Chat-Verläufe auszulesen. Und die Dienstwaffe des Einsatzleiters sei sichergestellt worden. Ein Zeuge habe ausgesagt, dass auch der Einsatzleiter geschossen habe. Diese neuen Informationen nannte der Minister selbst "nicht gerade unwesentlich".

Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft nur ein Verfahren gegen den Schützen eingeleitet und später die Ermittlungen auf vier weitere Beamte - inklusive dem Einsatzleiter - erweitert.

Reizgas war abgelaufen

Dass die Details erst jetzt bekannt werden, erklärte Reul mit den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Die Freigabe zur Unterrichtung des Innnen-Ausschusses habe er selbst erst Mittwochabend erhalten. Und der Innenminister referierte noch Details, die bislang nur dem Justiz-Ausschuss vorgelegt worden seien: Es gebe ein Video, das allerdings nicht den kompletten Einsatz zeige, sondern nur das Geschehen nach der Schussabgabe. Und die Mindesthaltbarkeit des verwendeten Pfeffersprays, auf das der 16-Jährige nicht reagiert hatte, sei bereits rund vier Monate abgelaufen gewesen. Über die Wirksamkeit des Reizsprays nach Ablauf konnte Reul keine Angaben machen.

SPD verlangt schnellere Aufklärung

Die Innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Christina Kampmann, bemängelte nach Bekanntgabe der Beschlagnahmungen die langsame Aufklärung. Der Fall nehme immer dramatischere Züge an. „Eine lückenlose Aufklärung ist dringender denn je“, sagte Kampmann. Es seien weiterhin noch viele Fragen zum Ablauf und den Gründen für die Eskalation offen.

„Der Bericht, den ich am Anfang bekommen habe, ist jetzt nicht mehr unumstritten“, sagte Innenminister Reul. Es seien Fragen aufgetreten, die jetzt beantwortet werden müssen. Man habe keine andere Wahl, als auf die Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Untersuchung zu warten.

Keine Antwort wegen laufender Ermittlungen

Immer wieder erhielten die Abgeordneten auf ihre Fragen von Innenminister Reul keine Antwort - alles mit Hinweis auf die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Reul gab dabei zu bedenken, dass es möglicherweise schon Ergebnisse gebe, die jedoch nicht öffentlich gemacht würden, um die weiteren Ermittlungen nicht zu gefährden.

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