Techniker in Schutzanzügen an Unglücksstelle im Atomkraftwerk Harrisburg

28. März 1979 - Schwerer Reaktorunfall im US-Atomkraftwerk Harrisburg

Stand: 28.03.2019, 00:00 Uhr

Als Edward Frederick und Craig Faust um 22 Uhr ihren Dienst in Three Mile Island antreten, erwarten die beiden Reaktorfahrer eine ruhige Schicht. Block 2 des neuen Druckwasserreaktors bei Harrisburg, Pennsylvania ist erst seit drei Monaten am Netz.

Störfall im Atomkraftwerk Harrisburg (am 28.03.1979)

WDR 2 Stichtag 28.03.2019 04:14 Min. Verfügbar bis 25.03.2029 WDR 2


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Doch um vier Uhr in der Nacht zum 28. März 1979 werden Frederick und Faust von Warnsignalen aufgeschreckt. Kühlwassermangel durch ein versehentlich ungeöffnetes Ventil führt plötzlich zum Ausfall der Pumpen in Reaktor 2. Sofort werden die Kettenreaktion unterbrochen und das Notpumpsystem aktiviert, um ein Überhitzen der Brennstäbe zu verhindern. Die Reaktorfahrer glauben, alles wieder unter Kontrolle zu haben.

Der Super-GAU droht

Erst die um sechs Uhr eintreffende Frühschicht erkennt die Gefahr. Denn auch das Wasser aus den Notpumpen kühlt den immer heißer werdenden Kern nicht; es entweicht durch ein in Offenstellung verklemmtes Ventil. Im Reaktor bilden sich hochexplosive Wasserstoffblasen und die Brennstäbe erhitzen sich auf mehr als 2.000 Grad Celsius.

Atomkraftwerk Three Mile Island in Harrisburg, Pennsylvania

AKW Three Mile Island in Harrisburg, Pennsylvania

Die gefürchtete unkontrollierbare Kernschmelze ist nicht mehr zu stoppen. Um 8.30 Uhr rufen die Behörden den Ausnahmezustand für die Umgebung von Harrisburg aus. Tausende Anwohner ergreifen die Flucht, obwohl der Kraftwerksbetreiber öffentlich betont: "Alles ist unter Kontrolle."

Zu diesem Zeitpunkt arbeiten die Techniker verzweifelt daran, den Super-GAU zu verhindern: die Explosion der Reaktorhülle und die ungehinderte Ausbreitung tödlich hoher Radioakivität - so wie es sieben Jahe später in Tschernobyl passiert. Erst nach 16 kritischen Stunden bringen Experten die Wasserpumpen wieder ans Laufen, die Temperatur im Reaktorkern sinkt, die größte Gefahr ist gebannt.

Elf Jahre Aufräumarbeiten

Dennoch empfiehlt der Gouverneur von Pennsylvania zwei Tage nach dem Unfall, schwangere Frauen und Kleinkinder in sichere Entfernung zu bringen. Was die Öffentlichkeit zu diesem Zeitpunkt nicht weiß: Tagelang werden aus dem Reaktorblock 2 radioaktive Gase in die Atmosphäre abgelassen, um den Druck in dem geschmolzenen Atommeiler zu mindern.

Im August 1979 können Spezialisten mit den Aufräum- und Rückbauarbeiten im Unglücksreaktor von Harrisburg beginnen. Sie werden elf Jahre dauern und rund eine Milliarde Dollar kosten – mehr als der Bau des gesamten Kraftwerks. Der Schock des Beinahe-Super-GAU von Three Mile Island sitzt so tief, dass in den folgenden 30 Jahren in den USA kein neues Atomkraftwerk gebaut wird.

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