AfD-Veranstaltung und Gegendemo in Paderborn

Lokalzeit OWL 22.01.2024 09:34 Min. Verfügbar bis 22.01.2026 WDR

AfD-Veranstaltung und Gegendemo in Paderborn

Stand: 23.01.2024, 07:46 Uhr

In Paderborn haben am Abend laut Polizei mehr als 5.000 Menschen für Demokratie und Toleranz demonstriert. Anlass war eine AfD-Veranstaltung im Schützenhof.

Die AfD hat im Paderborner Schützenhof zu einem Bürgerdialog geladen. Etwa 120 Personen sind gekommen - die meisten davon nach WDR-Recherchen Parteimitglieder. Mit dabei die AfD-Bundestagsabgeordneten Eugen Schmidt, Roger Beckamp, Rüdiger Lucassen und Jörg Schneider sowie als Gastredner der NRW-Landtagsabgeordnete Zacharias Schalley.

Gegendemo hundert Meter entfernt

Das "Paderborner Bündnis gegen Rechts" und das "Paderborner Bündnis für Demokratie und Toleranz" haben parallel zu einer Demonstration "Gegen die AfD und ihre rechte Hetze" aufgerufen. Sie findet etwa hundert Meter entfernt auf der anderen Seite des Gebäudekomplexes von der AfD-Veranstaltung statt.

Rund 5.000 Menschen sind laut Polizei dem Aufruf gefolgt. Willy Ernst vom "Paderborner Bündnis für Demokratie und Toleranz" hat mit diesem Andrang nicht gerechnet: " Wir sind überwältigt, dass so viele gekommen sind. Viele Leute wurden aufgerüttelt und das ist wichtig."

"Teil der Menschen denkt, wir sind mental im Jahr 1932"

Zu sehen ist ein Sprecher vor einem Publikum.

AfD Bürgerdialog in Paderborn

Der Saal ist mit den 120 Anwesenden des AfD-Dialoges gut gefüllt. Es fällt auf, dass nur wenige Frauen vor Ort sind. Der Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp erzählt, dass er kurz bei der Gegendemo gewesen sei, dort aber kein Gehör gefunden habe: "Was ich für mich mitnehme von solchen Veranstaltungen wie da draußen, oder auch wenn sie die Medien verfolgen, dann ist ein Teil der Menschen in diesem Land der Ansicht, dass wir zumindest mental im Jahr 1932 sind."

"Wir sind nicht rechts", aber "draußen sind alle links"

Es gibt viel Applaus für seine Ausführungen zur Vertreibung und Abschiebung in Deutschland. Zum Parteiprogramm der AfD äußert sich ein Besucher wie folgt: "Ich finde nichts Nationalsozialistisches dabei. Ich finde nichts Radikales dabei. Es ist einfach nur gute bürgerliche Mitte und nicht rechts. Nur weil alle nach links gerückt sind, sind wir ja nicht rechts."

Zu den Menschen draußen vor der Tür hat ein anderer eine ganz klare Meinung, die sind für ihn alle Linke. Und das sieht auch ein anderer Gast der AfD-Veranstaltung so: "Ich halte sie für ein Resultat einer unglaublich lange währenden Gehirnwäsche, die praktisch mit den 68ern begann. Eine traurige Manifestation von Gehirnwäsche und Dummheit."

Kreative Plakate, klare Bekenntnisse

Zu sehen sind zwei Demonstrierende vor einer Menge weiterer Demonstrierender in Paderborn. Sie halten ein Plakat hoch, mit einem Slogan gegen die AfD.

Demonstrierende in Paderborn

Das sehen die 5.000 Paderbornerinnen und Paderborner draußen naturgemäß ganz anders. Hundert Meter Luftlinie entfernt von der AfD-Veranstaltung wird friedlich mit Rede- und Musikbeiträgen demonstriert.

Viele haben Plakate gemalt: "Omas gegen rechts" oder "bunt statt braun". Auf einem ist ein Buchcover zu sehen, das an die beliebte Kinderbuchrreiche "Conny" erinnert, Titel: "Conny geht die AfD ärgern" und darunter die Aufforderung: "Sei wie Conny!".

Die Frau, die das Plakat mitgebracht hat, sagt: "Ich bin heute hier, weil mir überhaupt nicht gefällt, was die AfD denkt, was sie hier in Deutschland machen kann. Wir haben immer gesagt 'nie wieder'. Nie wieder ist jetzt , deswegen sind wir alle hier."

Vorsatz für 2024: Politisch aktiv bleiben

Eine andere Demoteilnehmerin betont, wie sehr sie die Recherchen von "Correctiv" daran erinnert haben, dass mehr Menschen zeigen müssen, woran sie glauben, nämlich "dass Menschenrechte wichtig sind, und dass alle Leute ein Recht darauf haben, ein gutes Leben in Deutschland zu führen."

Draußen ist es kalt, regnerisch und ungemütlich, aber die Stimmung ist gut. Zweieinhalb Stunden wird in Paderborn gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Hetze demonstriert. Für viele ein Demo-Debüt, für andere ein Neustart: "Ich bin politisch bislang eher auf dem Sofa gesessen. Ich denke, dass sich da bei mir jetzt deutlich verändert und ich das weitermache und auch in Zukunft aufstehe und sage: Nee, das finde ich nicht in Ordnung!"

Paderborn reiht sich an diesem Abend mit 5.000 Teilnehmenden ein: Bundesweit sind bislang insgesamt knapp anderthalb Millionen Menschen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen.

Quelle: WDR-Reporter und -Reporterinnen vor Ort, Polizei