Blick auf das Haus im sauerländischen Attendorn, in dem ein achtjähriges Mädchen fast sein gesamtes Leben lang festgehalten worden sein soll.

Attendorn: Ermittlungen gegen ehemalige Jugendamtsmitarbeiterin

Stand: 10.02.2023, 07:37 Uhr

Im Fall des jahrelang eingesperrten Mädchens in Attendorn laufen Ermittlungen gegen eine ehemalige Jugendamtsmitarbeiterin. Sie soll anonyme Hinweise ignoriert haben.

Die Ermittlungen richten sich gegen eine 66-jährige Mitarbeiterin des Olper Kreisjugendamtes. Der Verdacht: Freiheitsberaubung und Körperverletzung im Amt durch Unterlassen. Laut Staatsanwaltschaft soll die Frau anonymen Briefen und Hinweisen nicht nachgegangen sein.

Erst ein Jahr später wurde das Mädchen befreit

Nachdem die Hinweise konkreter wurden, kam das heute 8-jährige Mädchen im September 2022 frei. Die Mutter soll ihr Kind jahrelang im Haus der Großeltern eingesperrt und so vor den Behörden versteckt haben. ​

Auch gegen Mutter und Großeltern wird ermittelt

Das Mädchen soll nahezu sein gesamtes Leben lang in einem Haus in Attendorn festgehalten worden sein. Knapp sieben Jahre lang soll das Kind komplett von der Außenwelt abgeschirmt worden sein. Es hat nie einen Kindergarten oder eine Schule besucht. Auch mit anderen Kindern soll es in dieser Zeit nicht gespielt haben.

Im November 2022 wurde der Fall bekannt. Die Staatsanwaltschaft Siegen ermittelt bereits seit Monaten gegen die Mutter und die Großeltern der 8-Jährigen.

Landesgericht

Die Ermittlungen liegen bei der Staatsanwaltschaft Siegen

Dem Kind gehe es "den Umständen entsprechend gut", sagte Oberstaatsanwalt Patrick Baron von Grotthus damals gegenüber dem WDR. Es lägen keine Hinweise auf Misshandlungen vor. Das Mädchen wird seitdem von einer Pflegefamilie betreut.

Gründe für die Tat unklar

Warum die Mutter ihr Kind eingesperrt hat, ist immer noch unklar. Laut den Ermittlungen hatte sie egenüber den Behörden und dem Vater des Kindes, der schon damals von der Familie getrennt lebte, angegeben, mit der Tochter zu Verwandten nach Italien zu ziehen. Doch stattdessen lebte sie wohl weiterhin bei ihren Eltern im Haus in Attendorn.

Kreisjugendamt räumte Fehler ein

Wenige Tage nach Bekanntwerden des Falles gab das Kreisjugendamt Olpe an, man sei davon ausgegangen, dass das Kind bei seiner Mutter in Italien leben würde.

Offenbar sei nicht alles sauber dokumentiert worden, hieß es weiter. Man beabsichtige, seine organisatorischen Strukturen zu überprüfen und sich dabei vom Landesjugendamt beraten zu lassen. Es werde daran gearbeitet, die internen Verfahrensstandards zu verbessern. 

Über dieses Thema hat der WDR am 9.2.2023 auch im Fernsehen in der Sendung WDR aktuell um 18 Uhr und in der Lokalzeit Südwestfalen ab 19.30 Uhr berichtet.