Eine Lehrfabrik für die Möbelindustrie
Lokalzeit OWL. 08.05.2024. 03:12 Min.. Verfügbar bis 08.05.2026. WDR. Von Jan-Ole Niermann.
Gegen Fachkräftemangel: Lehrfabrik in Löhne als Leuchtturm für Möbelindustrie
Stand: 07.05.2024, 07:00 Uhr
Viele Betriebe suchen händeringend Auszubildende, auch in der Möbelindustrie. In Ostwestfalen-Lippe bauen jetzt mehrere Unternehmen gemeinsam eine Lehrfabrik - als Genossenschaft.
Von Jan-Ole Niermann
"Wir gehen mittlerweile auf mehr Ausbildungsmessen als auf Möbelmessen", sagt Andreas Wagner, "das ist schon ein deutliches Zeichen dafür, wie schwierig es ist, Auszubildende zu finden." Andreas Wagner ist der Geschäftsführer von Rotpunkt Küchen.
In Bünde fertigt das Unternehmen Küchenmöbel und bildet zum Beispiel Holzmechaniker aus, doch die Suche werde immer schwieriger: "Vielmals wollen die Auszubildenden gar nicht mehr in die Industrie oder ins Handwerk hinein, sondern sie wollen erst mal studieren."
Lernen an modernen Maschinen
Andreas Wagner, Geschäftsführer Rotpunkt Küchen
Wenn Andreas Wagner durch sein Werk in Bünde läuft, duzt er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vor einer seiner neuesten Maschinen bleibt Wagner stehen, sie sei erst seit wenigen Monaten im Einsatz, erzählt der Geschäftsführer stolz. Automatisierte Greifarme nehmen Schrauben, verteilen Holzplatten und fertigen so Hunderte Fronten für Küchenschränke pro Schicht.
Gerade solche modernen Maschinen stehen für Wagner symbolisch für die Möglichkeiten in seiner Branche.
Zeitdruck im laufenden Betrieb
Neben der handwerklichen Arbeit an der Werkbank gehört die Arbeit mit Hightech-Maschinen zur Ausbildung. Allerdings ist es im täglichen Produktionsprozess oft nicht so einfach, Azubis direkt daran arbeiten zu lassen.
Darum bauen mehrere Unternehmen aus der Möbelindustrie jetzt gemeinsam eine neue Lehrfabrik in Löhne, Andreas Wagner ist Aufsichtsratsvorsitzender.
2.600 Quadratmeter Lehrfläche nur für die Azubis
Die noch leere Werkhalle der Lehrfabrik in Löhne
Gerade rollen vor der Fabrik noch Bagger, in der Industriehalle wird noch geschraubt. Markus Kamann schreitet über die Baustelle und zeigt, wo bald welche Maschine stehen soll: "Jeder einzelne Betrieb wäre komplett überfordert, mal eben 2.600 Quadratmeter Produktionsfläche für seine Azubis abzustellen", sagt der Geschäftsführer der Lehrfabrik Möbelindustrie.
Lehrfabrik kostet 25 Millionen Euro
Die Lehrfabrik wird gemeinsam von einer Genossenschaft aus Möbelindustrie und Kommunen gebaut. Die Kosten des Großprojekts belaufen sich auf insgesamt 25 Millionen Euro, 22,5 Millionen davon fördert das Land NRW.
"Die Schüler können hier experimentieren unter Anleitung. Die Azubis können experimentieren", sagt Kamann, "hier gibt es nicht den Produktionsdruck einer Fabrik, sondern es gibt die Möglichkeit, selbst Produkte zu bauen und an den eigenen Fehlern auch zu lernen."
Im Spätsommer soll die Lehrfabrik eröffnen und die Aus- und Weiterbildung beginnen. Neben Azubis können dann zum Beispiel auch Schülerinnen und Schüler zu Schnupperpraktika kommen und so einen ersten Eindruck von der Arbeit in der Möbelindustrie bekommen.
Andreas Wagner, der Geschäftsführer von Rotpunkt Küchen, hat große Erwartungen: "Wir haben gemeinsam die Aufgabe, unsere Industrie aus dem etwas angestaubten Image herauszuholen, nämlich dass wir nicht irgendwie an der Hobelbank stehen und dort Schränke zusammenbauen, sondern dass wir in manchen Teilen sogar weiter als die Automobilindustrie sind."
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter auf der Baustelle
- "Rotpunkt Küchen"-Chef Andreas Wagner
- Markus Kamann, Geschäftsführer der Lehrfabrik