Beratung in einer Apotheke

Apothekenreform wäre "der Anfang vom Ende"

Stand: 21.08.2024, 13:18 Uhr

Apotheken ohne Apotheker: Mit dieser Idee will das Bundesgesundheitsministerium die Versorgung mit Medikamenten sicherstellen. Was das bedeuten würde - eine Reportage aus Münster.

Von Katja Bothe

In der Vierjahreszeiten-Apotheke von Jan Harbecke in Münster herrscht wie fast immer reger Betrieb. Patienten kommen mit Rezepten vom Hausarzt, fragen nach Nahrungsergänzungsmitteln oder wollen etwas gegen Erkältung. Einfache Fragen beantworten die pharmazeutisch-technischen Assistentinnen, schwierige der Apotheker.

Eine Apotheke ohne Apotheker - "unvorstellbar"

"Ganz doof" würde es deshalb Wolfgang Hürländer finden, wenn sein Apotheker für Fragen nicht mehr oder nur noch per Videoschaltung erreichbar wäre. "Wenn mein Medikamentenplan umgestellt wird, brauche ich doch Beratung", sagt er.

Nach dem Reformentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach soll es künftig Apotheken ohne Apotheker geben, um die Versorgung mit Medikamenten zu gewährleisten. Außerdem sollen Apotheker weniger an der Abgabe von Medikamenten verdienen - obwohl Apotheker in den letzten Jahren immense Kostensteigerungen etwa für Löhne der Angestellten hinnehmen mussten.

Weitere Apotheken vor dem Aus

"Wenn das so käme, müsste ich eine Apotheke schließen", sagt Jan Harbecke. Er hat drei Apotheken in Münster und beschäftigt zwölf Apotheker.

In seinem Büro dokumentiert er die Abgabe von Betäubungsmitteln, zu denen auch starke Schmerzmittel gehören, organisiert und managt die drei Betriebe. Arzneimittelanalysen für Patienten, die viele Medikamente bekommen, stehen auch noch an.

Warum schließen immer mehr Apotheken?

WDR 5 Neugier genügt - Freifläche 21.08.2024 13:52 Min. Verfügbar bis 21.08.2025 WDR 5


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"Plan würde Qualität der Apotheken senken"

Jan Harbecke, Apotheker aus Münster

Jan Harbecke, Apotheker aus Münster

Neben der Arbeit engagiert er sich im Apothekerverband Westfalen-Lippe, ist Mitglied im Vorstand und vertritt die Interessen der Apotheker gegenüber Krankenkassen und Politik. Besonders ärgert er sich darüber, dass das Gesundheitsministerium nicht kommuniziere. Argumente würden nicht gehört.

Dass der Gesundheitsminister dem Apothekensterben dadurch begegnen will, Apotheken ohne Apotheker und nur mit Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) zu ermöglichen, sei der falsche Ansatz. Die Qualität der Apotheken würde so heruntergefahren. Das sei der "Anfang vom Ende".

Im OP steht ja auch keine Assistenzkraft, sondern ein Arzt. Jan Harbecke, Inhaber von drei Apotheken

Apotheke "für Beratung da"

Eine pharmazeutisch-technische Assistentin prüft bei einem Mann den Blutdruck

Farzaneh Mehrabirad kontrolliert den Blutdruck von Wolfgang Hürländer

Farzaneh Mehrabirad ist PTA und kontrolliert gerade den Blutdruck von Wolfgang Hürländer. Sie kann sich nicht vorstellen, dass kein Apotheker mehr vor Ort ist. Denn bestimmte Fragen kann sie nicht beantworten. Und für Beratung sei ja schließlich eine Apotheke da.

So sieht es auch Ann-Kathrin Schlüter. Sie ist Praktikantin und steht kurz vor dem 3. Staatsexamen als Pharmazeutin. Ob sie diesen sehr aufwändigen Studiengang noch einmal wählen würde, besonders wenn Karl Lauterbachs Pläne umgesetzt würden? "Weiß ich nicht", sagt sie. "Die Versorgungslage würde dadurch schlechter."

Und Astrid Krümpel, die ein Rezept von ihrem Hausarzt einlöst, ist ganz ihrer Meinung. "Jemand muss doch den Überblick über die Medikation behalten. Und das kann eigentlich nur der Apotheker."

Entwurf wird zunächst intern beraten

Ob und wann der Entwurf dem Kabinett vorgelegt wird, ist noch unklar. Aus dem Bundesgesundheitsministerium heißt es: "Die regierungsinternen Beratungen dauern noch an."

Unsere Quellen:

  • Reporterin vor Ort
  • Apothekerkammer Westfalen-Lippe
  • Bundesgesundheitsministerium