Schon Ende Dezember oder Anfang Januar soll es soweit sein: Der Start der Corona-Impfungen in Deutschland steht voraussichtlich kurz bevor. Doch wer den Impfstoff zuerst bekommt, ist noch nicht endgültig geklärt. Am Montag hat die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut (RKI) den Ländern und medizinischen Fachgesellschaften Empfehlungen vorgelegt, wie der knappe Impfstoff möglichst gerecht verteilt werden soll. Wer kommt zuerst dran, wer nicht? Fragen und Antworten.
Wer wird zuerst geimpft?
Nach den aktuellen Stiko-Empfehlungen sollen Personen mit besonders hohem Risiko für schwere oder tödliche Corona-Erkrankungen zuerst zum Zuge kommen: speziell Bewohner von Senioren- und Altenpflegeheimen sowie Menschen über 80 Jahre. Außerdem sollen Mitarbeiter von medizinischen Einrichtungen berücksichtigt werden, die durch ihre Arbeit ein besonders hohes Infektionsrisiko haben.
Laut Stiko sollen in Deutschland rund 8,6 Millionen Menschen mit "sehr hoher" Priorität als erste geimpft werden. Wie lange das insgesamt dauern wird, ist unklar. Denn wann genau der Impfstoff in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, lässt sich noch nicht absehen.
Wie sieht die weitere Impf-Reihenfolge aus?
Die Impfkommission schlägt vor, in einem zweiten Schritt Senioren zwischen 75 und 80 Jahre sowie Menschen mit Demenz oder einer geistigen Behinderung zu impfen. Zu der Gruppe mit "hoher" Priorität gehören rund 6,7 Millionen Menschen. Folgen sollen dann ungefähr 5,5 Millionen Menschen mit "moderater" Priorität - zum Beispiel Ältere zwischen 70 und 75, Menschen mit Vorerkrankungen und ihre engsten Kontaktpersonen.
Anschließend sind Menschen zwischen 65 und 70, Lehrkräfte, Erzieher sowie Menschen mit prekären Arbeits- oder Lebensbedingungen wie Saisonarbeiter oder Beschäftigte der Fleischindustrie dran. Zur nächsten Stufe gehören Menschen von 60 bis 65 Jahre, Beschäftigte im Einzelhandel sowie der "kritischen Infrastruktur". Ganz zum Schluss kommen Personen unter 65, die keiner besonders gefährdeten Berufsgruppe angehören - immerhin 45 Millionen Menschen.
Können sich die Pläne noch ändern?
Ja, das ist möglich. Bei den Stiko-Empfehlungen handelt es sich vorerst um einen Entwurf. Noch bis Donnerstag sollen Länder und medizinische Fachgesellschaften ihre Stellungnahmen zu dem Papier abgeben. Änderungen sind theoretisch möglich. Aus dem Entwurf erstellt das Bundesgesundheitsministerium anschließend eine Rechtsverordnung, die noch im Dezember veröffentlicht werden soll.
Einen genauen Zeitplan, wann die Impfkampagne für die verschiedenen Gruppen anläuft, wird es vorerst nicht geben. Denn noch weiß niemand, wann und wie viele Impfdosen im kommenden Jahr ausgeliefert werden. Karl Lauterbach (SPD) rechnet damit, dass es in den ersten Monaten des Jahres zu Lieferengpässen kommt. "Bis März werden wir nur Impfstoff für fünf Millionen Menschen zur Verfügung haben, daher müssen wir priorisieren", sagte er der "Rheinischen Post".
Was sagen Kritiker?
Widerspruch kommt zum Beispiel von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. "Über acht Millionen Menschen scheinbar gleichberechtigt bei der Priorität auf Nummer eins zu setzen, kann nicht funktionieren", erklärte Vorstand Eugen Brysch am Montag. Pflegebedürftige und Schwerstkranke müssten Vorrang vor Beschäftigten in medizinischen und Pflege-Berufen haben, so die Forderung.
Auch dass Ärzte für ihre besonders gefährdeten Patienten Atteste ausstellen sollen, nach denen "ein krankheitsbedingt erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019" vorliegt, ist umstritten. Die Hausärzte lehnen dieses Verfahren ab, weil es die Praxen überfordern würde.
Ob in Einzelfällen auch junge Menschen - etwa wegen schwerer Vorerkrankungen - problemlos einen früheren Impftermin bekommen können, ist noch nicht klar. Beim NRW-Gesundheitsministerium hieß es am Montag, an der genauen Umsetzung werde noch gearbeitet.