Personal-Ausfälle: So trifft die Corona-"Sommerwelle" die Arbeitswelt
Stand: 07.07.2022, 19:22 Uhr
Die vielen Coronainfektionen sorgen im Moment für Personalausfälle in verschiedenen Branchen. So können Busse nicht fahren und Flugzeuge nicht abheben. Die Industrie warnt bereits vor dem Herbst.
Von Christian Wolf
Beim Blick auf die derzeitigen Coronazahlen drängt sich schnell eine Frage auf: Was ist eigentlich aus der sommerlichen Entspannung geworden, die es 2020 und 2021 noch gegeben hatte? In diesem Jahr ist plötzlich von einer "Sommerwelle" die Rede und wer sich mal im Familien- und Freundeskreis umhört, stößt vermutlich ganz schnell auf den ein oder anderen Fall.
Wen es erwischt hat, der kann erst einmal nicht zur Arbeit gehen. Erwischt es viele, sind dementsprechend auch viele krankgeschrieben. Und genau das scheint im Moment der Fall zu sein. In verschiedenen Branchen kommt es derzeit zu Personalausfällen durch Corona. Die sind zum Teil so hoch, dass sie nicht mehr kompensiert werden können und im Alltag zu spüren sind. Hier ein paar Beispiele:
Busse und Bahnen
Die Kölner Verkehrsbetriebe kämpfen gerade mit "ungewöhnlich vielen kurzfristigen Personalausfällen". Ein Grund für die erhöhte Krankenquote sei eine "erneute Zunahme der Coronafälle". Hinzu kämen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Quarantäne. Die Konsequenz: Ab kommender Woche werden vier Buslinien vorübergehend eingestellt. Das Ziel sei aber, ein "Grundangebot" in allen Bereichen der Stadt aufrechtzuerhalten.
Ähnlich klingt das beim Verkehrsunternehmen Wupsi in Leverkusen und dem Rheinisch-Bergischen Kreis. "Der Anstieg der Corona-Erkrankungen in der Region führt auch bei der Wupsi zu einer Erhöhung des Krankenstandes und von Quarantänefällen", heißt es. Nicht alle Dienste könnten besetzt werden und es komme zu ausgefallenen Fahrten.
Bei der Deutschen Bahn wird bis Anfang August eine ganze S-Bahnlinie gestrichen. Laut DB Regio NRW fällt die S6 zwischen Köln-Mülheim und Köln-Worringen aus. "Wie überall ist auch die DB derzeit von erhöhten Krankenständen betroffen, was kurzfristig regional zu Personalengpässen führen kann", sagte ein Sprecher dem WDR.
Beim Verkehrsunternehmen Eurobahn heißt es: "Wir haben wirklich über alle Abteilungen hinweg Kollegen, die an Corona erkrankt sind." Und anders als noch vor ein paar Monaten seien die Betroffenen nicht mehr nur ein paar Tage, sondern oftmals zwei Wochen krank. Derzeit fielen fünf Prozent der Züge aus. Denn auch in den Werkstätten sei das Personal krank und wenn ein Zug nicht gewartet werde, könne er nicht auf die Schiene.
Krankenhäuser
In den Kliniken ist die "Sommerwelle" ebenfalls zu spüren. "Aus allen Bundesländern erreichen uns Meldungen, dass einzelne Stationen und Abteilungen auch wegen Personalmangel abgemeldet werden müssen", sagte der Vorstandschef der Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund warnt sogar vor einer erneuten Überlastung des Gesundheitssystems durch die zunehmenden Personalausfälle. Örtlich könnten Stationen, Notaufnahmen oder Rettungsdienste teilweise nicht mehr betrieben werden. Viele Beschäftigte würden sich nicht im Dienst, sondern im Privatleben anstecken.
Pflegeheime
In der Pflege könnten sich die Personalprobleme aufgrund von Corona-Erkrankungen weiter verschärfen. Die Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbands Pflege, Isabell Halletz, sagte der "Rheinischen Post": "Aktuell ist die Corona-Lage in den Pflegeheimen noch beherrschbar. Aber wir müssen aufpassen, dass es nicht wie in den Krankenhäusern zu Personalengpässen kommt."
Flugverkehr
An den Flughäfen ist die Lage momentan eh schon angespannt. An den Sicherheitskontrollen und beim Bodenpersonal fehlt es nach den Corona-Lockdowns an Personal. Als wäre das noch nicht genug, kommen da auch noch Ausfälle wegen Infektionen hinzu. So streicht die Lufthansa-Tochter Eurowings in diesen Tagen immer wieder Flüge und verweist auf die steigende Zahl an Corona-Erkrankungen. Die Ausfälle überträfen die Personalreserven, heißt es.
Gastronomie
Auch Restaurants und Hotels kämpfen eh schon damit, genug Personal zu finden. Durch die Corona-Einschränkungen haben sich Köche oder Servicekräfte neu orientiert und andere Jobs gefunden. Obendrauf kommen jetzt noch aktuelle Ausfälle. Laut dem Geschäftsführer des DEHOGA NRW, Kurt Wehner, sind es nicht nur diejenigen, die wirklich Symptome haben, sondern auch andere, die zufällig durch einen Test von einer Infektion erfahren und dann zu Hause bleiben müssen.
Vorbote für Herbst und Winter?
Angesichts all dieser Ausfälle in verschiedenen Branchen stellt sich die Frage, was denn erst sein wird, wenn die kalte Jahreszeit beginnt? Denn eigentlich gelten Herbst und Winter als die Hauptzeiten für Infektionen. Mit großer Sorge blickt deshalb zum Beispiel Industriepräsident Siegfried Russwurm auf den kommenden Herbst:
Der Bundesverband der Deutschen Industrie rechne damit, dass ab dem Herbst bis in den Frühling schlimmstenfalls mehr als 20 Prozent der Arbeitsstunden krankheitsbedingt wegfallen könnten. Deshalb sei für die nächsten Monate mehr denn je ein nationaler Pandemieplan mit einheitlichen Maßnahmen für Unternehmen und Bürger entscheidend.