Erneut deutlich gestiegene Zahlen von Bedürftigen haben die NRW-Tafeln im zu Ende gehenden Jahr an die Grenzen ihrer Kraft gebracht. "2023 war ein schweres Jahr, so schwer wie nie", sagte die Vizechefin des Tafel-Landesverbandes, Petra Jung. "Die Tafeln tun ihr Bestes, aber schaffen die ganze zusätzliche Arbeit kaum." Dringend gebraucht würden mehr Helfer, unter anderem Fahrer - zusätzlich zu den insgesamt bereits 12.600 ehrenamtlichen Helfern.
Probleme bei Lagerung, Energie- und Transportkosten
Die Tafeln stießen aber auch bei Lagermöglichkeiten, bei Energie- und Transportkosten an Kapazitätsgrenzen. Zahlreiche Tafeln hätten notgedrungen bereits Wartelisten oder sogar Aufnahmestopps einführen müssen. Andere gäben weiter Lebensmittel an alle Bedürftigen, aber packten deutlich weniger als früher in die Tüte, sagte Jung. Teils würden angesichts des Andrangs Öffnungszeiten verlängert und neue Ausgabetage geschaffen. Doch dafür fehle wieder Personal. "Menschen wegzuschicken oder deutlich weniger zu geben, belastet die Ehrenamtler, denn die müssen die schlechte Botschaft überbringen", so die Tafel-Vize.
Zahlen von 350.000 auf über 600.000 gestiegen
Die Zahl der Bedürftigen, die in NRW mit Lebensmitteln unterstützt werden, ist nach Auskunft des Tafel-Landesverbandes seit dem Beginn des Ukraine-Krieges und als Folge der Inflation von 350.000 auf inzwischen weit über 600.000 gestiegen. Neben Flüchtlingen kämen vielfach Geringverdiener, Rentner und Familien in die mehr als 500 Verteilstellen in NRW. Die Lebensmittel für die Tafeln seien zugleich knapper geworden, weil Supermärkte sparsamer einkauften und Lebensmittel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oft nicht mehr abgäben, sondern mit starken Preisabschlägen noch verkauften, sagte Jung.
NRW unterstützt die Tafeln
Das Land unterstützt die Tafel seit Jahren. Dies sei ihm ein "besonderes Anliegen", betont Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU). Für 2024 hat das Ministerium erstmals eine feste Förderung von 1,6 Millionen Euro für die Tafeln in den Landeshaushalt geschrieben. Ministerium und Tafel-Landesverband haben bei fünf Regionalkonferenzen im November und Dezember mit den Praktikern besprochen, wie das Geld verteilt wird und wo es am meisten hilft.
Wohlfahrtsverbände wollen höheres Bürgergeld
Die Wohlfahrtsverbände sehen feste staatliche Unterstützung für Tafeln dabei mit Skepsis. "Da ist der Weg zu den Suppenküchen für Arme vor 100 Jahren nicht mehr weit", sagt der Fachreferent Armut beim Paritätischen NRW, Martin Debener. Die Regelsätze für Lebensmittel im Bürgergeld müssten erhöht werden, damit die Menschen sich selbstständig versorgen könnten. "Zwei Millionen Tafelkunden in Deutschland - wie weit soll das noch gehen?", fragt er.
Lager in der Eifel und OWL geplant
Der NRW-Tafel-Landesverband wolle neben den bestehenden sieben zentralen Lebensmittellagern in Siegen, Köln, Dormagen, Gütersloh, Moers, Dortmund und Coesfeld je ein weiteres in der Eifel und in Ostwestfalen-Lippe schaffen, sagte Jung. Der NRW-Landesverband hat einen eigenen Kühllaster für Lebensmitteltransporte angeschafft und will insgesamt seine Logistik weiter professionalisieren.
Stellen für mehr Helfer
Dazu gehört auch mehr Werbung für neue Helfer. Petra Jung könnte sich gut vorstellen, noch deutlich mehr Stellen für den Bundesfreiwilligendienst oder auch für Langzeitarbeitslose anzubieten. Bisher helfen schon rund 80 "Buftis" bei den NRW-Tafeln mit. "Die sind Tag für Tag da - ideal für den Workflow, die wissen auch Bescheid, was gestern oder vorgestern passiert ist." Der Landesverband NRW ist der größte Tafel-Landesverband Deutschlands. Er vertritt nach eigener Zählung ein Sechstel aller deutschen Tafeln.
Unsere Quellen:
- aus Material der Nachrichtenagentur dpa