Rundflug über die Heimat
00:23 Min.. Verfügbar bis 03.07.2026.
Vom Rollstuhl in die Lüfte: Wie ein Verein Menschen zum Strahlen bringt
Stand: 03.07.2024, 08:31 Uhr
Mattis Fragemann sitzt seit seiner Geburt im Rollstuhl. Bei einer besonderen Aktion des Luftsportvereins Borken konnte er diesen verlassen und seine Heimat von oben sehen. Ein unvergesslicher Rundflug.
Von Josefine Upel und Dennis Burk (Multimedia)
Mattis Fragemann lässt seinen Blick immer wieder durch das kleine Motorflugzeug schweifen. In wenigen Augenblicken geht es für ihn in die Luft. "Bist du sehr nervös?", fragt ihn Jannik Schlatt, der neben ihm auf der Rückbank sitzt. Fragemann nickt. "Das brauchst du nicht sein", sagt Schlatt. Der 23-Jährige ist seit sechs Jahren Mitglied im Luftsportverein Borken und kennt sich hier auf dem Flugplatz gut aus. Für Fragemann ist es jedoch erst das zweite Mal, dass er in einem Flugzeug sitzt. Entsprechend groß ist die Aufregung, aber auch die Vorfreude.
Mattis Fragemann freut sich auf den Rundflug
Der 24-Jährige ist von Geburt an beeinträchtigt und wohnt im Benediktushof Maria Veen in Reken, einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung. Der Luftsportverein Borken lädt die Bewohner seit über 30 Jahren einmal im Jahr zu einem Rundflug über ihre Heimat ein. Rund 20 Menschen sind dieses Mal dabei.
Die Heimat von oben sehen
Für Fragemann wird es nun ernst. Pilot Norbert Hetkamp steigt ins Flugzeug. Fragemann nutzt die Chance und stellt dem 63-Jährigen eine Frage nach der anderen. Hetkamp erklärt ihm alles ganz in Ruhe. Der Pilot macht schon zum 25. Mal bei der Aktion für die Bewohner des Benediktushofs mit. "Für mich ist das immer wieder schön. Zu fliegen sowieso und auch zu sehen, wie die Leute sich freuen."
Pilot Norbert Hetkamp trifft auf seinen Passagier
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Es klickt leise, als Pilot Hetkamp den Schlüssel umdreht. Dann knattert es laut in dem kleinen Flugzeug. "Alles gut bei dir, Mattis?", fragt Schlatt. "Ja", antwortet der 24-Jährige und atmet einmal tief durch. Das Flugzeug beschleunigt und hebt ab. 550 Meter über dem Boden zieht das Flugzeug an Häusern, Wäldern und Feldern vorbei. Schlatt und Hetkamp erklären Fragemann, was er von hier aus alles sehen kann. Ein besonderer Moment: Der Blick auf den Benediktushof und auf seinen Geburtsort Reken.
Hemmungen abbauen
Bei der Aktion des Luftsportvereins helfen viele Mitglieder mit. Der Spaß steht für alle im Vordergrund, unterschwellig passiert aber noch viel mehr. "Kontakte zu Menschen mit Behinderungen sind für viele ein Problem. Das hat man hier überhaupt nicht. Unsere Jugendlichen merken schnell, dass sie ganz normal mit ihnen umgehen können", erklärt Vorstand Thomas Grunden.
Schwerbehinderte Menschen in NRW
Ende 2023 waren in Nordrhein-Westfalen laut Statistischem Landesamt rund 1,94 Millionen Menschen als schwerbehindert anerkannt. Rund 146.000 von ihnen sind jünger als 35 Jahre. Eine körperliche Behinderung war bei mehr als der Hälfte von ihnen die schwerwiegendste Art der Behinderung. Häufig treten mehrere Behinderungen gleichzeitig auf. Mehr Informationen gibt es hier.
Für Fragemann ist der Rundflug ein ganz besonderes Erlebnis, aber auch eine Herausforderung. Ab und zu legt ihm Schlatt die Hand auf die Schulter. Später erzählt er: "Mattis hat sich immer kurz erschrocken, wenn der Pilot etwas über den Funk gesagt hat. Ich habe versucht, ihm etwas die Angst zu nehmen." Fragemann schaut ihn dabei verunsichert an und fragt: "War das denn auch für dich okay? Ich musste mich ja auch einmal bei dir am Knie festhalten, um mich nochmal richtig hinzusetzen." Schlatt kann ihn beruhigen. "Ja, das war alles okay", sagt er.
Wie war der Rundflug?
00:32 Min.. Verfügbar bis 03.07.2026.
Nach etwa 20 Minuten ist Fragemann wieder auf sicherem Boden angekommen. Der 24-Jährige strahlt über das ganze Gesicht. "Das war ein Erlebnis!" Nächstes Jahr möchte er unbedingt wieder dabei sein. "Ich muss nur noch mit meinen Eltern darüber sprechen", sagt er und lacht.
Über dieses Thema haben wir auch am 17.05.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.