Polizeigewalt: Schwere Vorwürfe gegen Dortmunder Polizisten

Stand: 24.06.2022, 08:40 Uhr

Zwei Frauen erheben unabhängig voneinander schwere Vorwürfe gegen Polizeibeamte der Wache Nord. Sie sollen dort geschlagen und sexistisch beleidigt worden sein.

Von Christof Voigt

Im Mittelpunkt steht in beiden Fällen derselbe Polizist. Er soll beide Frauen während der Einsätze im Januar 2021 und im Februar 2022 ins Gesicht geschlagen haben und eine der beiden sogar getreten haben. Dieser Beamte habe sie auch immer wieder sexistisch beleidigt und gedemütigt, andere Polizisten hätten dabei zugeschaut.

Der Fall Schönfeld – Prellungen und ein Bruch im Gesicht

Anfang Februar 2022 ist Sabine Schönfeld mit ihrem Freund auf dem Heimweg. Als die beiden an der Polizeiwache Nord vorbeigehen, rempelt ihr angetrunkener Freund einen Polizeiwagen, der dort parkt, an. Kurz danach seien dann zwei Beamte aus der Wache gekommen und hätten ihren Freund ruppig an den Armen gefasst. Als die 32-jährige Erzieherin fragt, was das solle, soll sie einer der Polizisten "Fotze" genannt haben, kurz darauf habe sie den ersten Schlag vor den Kopf bekommen. Jetzt landet auch sie auf der Wache.

Eingekreist und beleidigt

Irgendwann sei sie dann von fünf Polizisten eingekreist gewesen, als sie sich ausweisen soll, eskaliert die Situation. Sabine Schönfeld schildert das so: "Als ich einen der fünf anspreche, er habe mir doch gerade ins Gesicht geschlagen, sagt ein anderer: Nein das war ich, sei froh, dass das nicht meine Faust war." Als sie dann nicht das ganze Portemonnaie abgeben will und sagt, sie hole ihren Ausweis da selber raus, habe dieser Beamte sie mehrfach ins Gesicht geschlagen und gesagt: "Du Fotze machst, was ich sage."

Aufgeplatze Lippen und angebrochener Zahn nach Polizeigewalt | Bildquelle: Privat

Sabine Schönfeld sagt, so habe dieser Beamte sie in der Nacht noch mehrfach angesprochen. Auch geschlagen habe er sie noch ein weiteres Mal. Am frühen Morgen wird sie entlassen, im Krankenhaus stellen die Ärzte einen Bruch des Bodens ihrer linken Augenhöhle fest. Die 32-Jährige hat einen abgebrochenen Zahn, aufgeplatzte Lippen und "multiple Prellmarken" im ganzen Gesicht.

Der Fall Neumann – im Treppenhaus geschlagen und getreten?

Sabine Schönfeld fragt die Dortmunder Rechtsanwältin Lisa Grüter um Rat. Der kommen die Schilderungen ihrer Mandantin irgendwie bekannt vor. Und tatsächlich: bei dem beschuldigten Beamten handelt es sich um Malte F., den Polizisten, den auch Anna Neumann beschuldigt. Die 26-jährige Studentin ist gelernte Heilerziehungspflegerin und lebt zurzeit als Hauptmieterin in einem Haus in der Dortmunder Nordstadt. Als einer ihrer Mitbewohner dort Anfang 2021 seinen Geburtstag feiert, steht plötzlich die Polizei im Hausflur, der von den Bewohnern als gemeinsamer Wohnraum betrachtet wird.

Opfer fühlte sich wie Schwerverbrecherin

Die Beamten seien aggressiv aufgetreten, sagen die Bewohner. Sie sagten, es sei zu laut. Die Situation spitzt sich zu, als sie die Hauptmieterin Anna Neumann auffordern, sich auszuweisen. Sie schildert die Ereignisse so: Als sie den Beamten sagt, sie müsse ihren Ausweis aus ihrer Wohnung ein Stockwerk höher holen, folgen ihr drei Beamte. Mehrfach sagt die Studentin, dass sie gerne alleine in ihre Wohnung gehen wolle, dann wird sie geschubst: "Ich habe dann auf dem Boden gelegen, wurde geschlagen und getreten und habe gerufen, dass sie damit aufhören sollen. Ich habe mich gefühlt wie eine Schwerverbrecherin, dabei wollte ich mich doch nur ausweisen."

Andere Mitbewohner erzählen, sie seien von weiteren Polizisten davon abgehalten worden, nachzuschauen, was eine Etage höher los ist, sie hätten nur Annas Schreie gehört und nichts tun können, die Musik hätten sie sofort ausgemacht.

"Gebrochen war zum Glück nichts"

Nur in Strumpfhose und Hemd bekleidet nehmen die Beamten die Studentin mit auf die Wache Nord, es ist Anfang Januar, die Temperaturen liegen knapp über Null. Irgendwann sei Malte F. dann in ihrer Zelle gewesen, wieder sei es zum Streit gekommen, dann habe der Beamte zu ihr gesagt: "Halt mal den Ball flach, ich habe kein Problem damit, auch Frauen zu schlagen, Fotze."

Die Polizeiwache Nord in Dortmund | Bildquelle: WDR / Christof Voigt

"Ich habe mir dann gedacht, jetzt sagst Du besser gar nichts mehr. Ich hatte keine Lust, komplett alleine auf der Wache von ihm einen drüber zu bekommen." Später sei sie dann entlassen worden, in Strumpfhose, ohne Portemonnaie, um fünf Uhr am Morgen, das sei alles sehr demütigend gewesen. Auch bei Anna Neumann sind am nächsten Tag viele Prellungen im Gesicht diagnostiziert worden. "Gebrochen war zum Glück nichts", sagt sie heute.

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