Missbrauch: Aufklärung und staatliche Verantwortung
Verfügbar bis 20.09.2025. Von Alexander Roettig.
Nach Missbrauchsvorwürfen: Kardinal-Hengsbach-Brücke soll Namen vorerst behalten
Stand: 21.09.2023, 09:10 Uhr
Es ist der Sturz einer Ikone des Ruhrbistums: Nach den Vorwürfen gegen den verstorbenen Bistumsbegründer Kardinal Franz Hengsbach wird gefordert, Straße und Plätze umzubennen. Die Stadt Essen will reagieren.
Hengsbach-Denkmal, Kardinal-Hengsbach-Platz - der 1991 verstorbene Kardinal Franz Hengsbach wird nicht nur in der Essener Innenstadt gleich mehrfach gewürdigt und geehrt. Nachdem nun Missbrauchsvorwürfe gegen ihn bekannt geworden sind, möchte die Stadt Essen Konsequenzen ziehen: "Die Vorwürfe, die im Raum stehen und offenbar sehr nachhaltig sind, werden dazu führen, dass der Platz so nicht weiter heißen wird", sagte Oberbürgermeister Thomas Kufen dem WDR am Mittwoch.
Ermittlungen der Kirche abwarten
Die Kardinal-Hengsbach-Brücke im Bestwiger Ortsteil Velmede soll ihren Namen vorerst behalten. So lange wie die Ermittlungen der Kirche zu den Missbrauchsvorwürfen andauern. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, werde über eine Umbenennung entschieden.
Stadt Essen erschüttert
Das Ruhrbistum hatte am Dienstag bekanntgegeben, dass sich Menschen gemeldet haben, die dem ehemaligen Bischof sexuelle Übergriffe vorwerfen. Diese Bekanntmachung hat auch bei der Stadt Essen für große Erschütterung gesorgt. Oberbürgermeister Kufen berichtet, dass er im engen Austausch mit Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck und dem Generalvikariat stehe: "Die weiteren Schritte stimmen wir jetzt gemeinsam ab."
"Denkmal muss verschwinden"
Und wie steht es um das Hengsbach-Denkmal vor dem Essener Dom? Die "Reforminitiative Maria 2.0" hat bereits gefordert, dass Denkmal zu entfernen. Seit 2011 steht eine Skultpur des Kardinals vor dem Dom in der Essener Innenstadt. Auch der Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, spricht sich für eine Entfernung der Statue aus: "Das Denkmal muss schnell verschwinden". Von einem Bistumssprecher heißt es, dass die Forderungen nach dem Abriss des Denkmals gerade nicht die höchste Priorität hätten.
Infotafel an Hengsbachs Grab
Es gibt aber auch noch mehr Forderungen: Johannes Norpoth drängt außerdem darauf, dass eine Informationstafel an der Grabstätte des Bistumsgründers im Dom die Missbrauchsvorwürfe thematisiert. Dies hält auch der Kirchenrechtler Thomas Schüller für angebracht. "Das ist das Mindeste, dass man an diese Taten erinnert," sagte er im "Morgenecho" auf WDR 5.
Mahnwache vor Essener Dom
Um ein Zeichen gegen den Missbrauch in der Kirche zu setzen, rief der Bottroper Markus Elstner am Mittwochnachmittag zu einer Mahnwache am Hengsbach-Denkmal vor dem Essener Dom auf. Markus Elstner ist selbst Betroffener, ein Missbrauchsopfer. Als Junge wurde er von einem Priester missbraucht.
Während der Mahnwache verhüllte er der Hengsbach-Statue mit einem Schal symbolisch die Augen. "Das ist ein 'Ruhrpott'-Schal", erklärt der Bottroper, "Im Ruhrpott sollten wir die Augen aufmachen. Nicht nur wir. Auch die Kirchen, die Bistümer sollten jetzt wirklich die Augen auf uns Betroffene richten, für uns Betroffene wirklich da sein und uns helfen, damit wir weiter im Leben klarkommen." Vertreter des Bistums Essen waren auch bei der Mahnwache anwesend und zeigten Verständnis für die Aktion.
Nicht wegschauen - das fordert Markus Elstner bei seiner Mahnwache
Auch in Herne und Bottrop Straßen nach Kardinal benannt
Die Diskussion rund um die Umbennung von Straßen und Plätzen steht wohl noch ganz am Anfang. Auch in anderen Ruhrgebietsstädten könnte das Thema noch hochkommen. In Herne und Bottrop gibt es beispielsweise Straßen, die nach ihm benannt sind. Außerdem zählt der verstorbene Kardinal Hengsbach zu einem der wenigen Träger des Ehrenringes der Stadt Essen.
Am Dienstag hatten die Bistümer Essen und Paderborn mitgeteilt, dass Hengsbach in seiner Zeit als Weihbischof in Paderborn eine damals 16-Jährige missbraucht haben soll. Zudem soll es einen Übergriff auf eine Frau in Essen 1967 gegeben haben.