In der Notfallambulanz im Klinikum Leverkusen ist Oktay Bahar Leitender Pfleger. Mit seinem Team will er dafür sorgen, dass die Patienten in der Notaufnahme so schnell wie möglich gut versorgt werden. Aber immer oft brauchen auch die Pflegenden Hilfe, sagt Oktay Bahar dem WDR: "Wir hatten hier schon Patienten, die Kollegen in den Schwitzkasten genommen haben, obwohl es keinen Grund für einen Angriff gab. Es ist vorgekommen, dass man mit dem Messer bedroht wird, dass Gerätschaften zerstört wurden, irgendwas umgeworfen wurde. Körperliche Gewalt ist zwar ein geringer Anteil, gehört aber auch dazu."
Lange Wartezeiten sorgen für Frust
Grund für Angriffe oder Wutausbrüche bei Patienten seien unter anderem die Wartezeiten in der Notaufnahme. "Einige Leute sehen nicht ein, dass wir immer zuerst die Menschen versorgen müssen, die schwere Verletzungen oder lebensbedrohliche Erkrankungen haben."
Wo es früher Beschwerden oder ein Murren gegeben habe, verlören Patienten oder deren Angehörigen neuerdings rasch die Nerven.
Patienten durch Pandemiezeit immer aggressiver
"Durch die Pandemiezeit hat man gemerkt, dass das Aggressionspotenzial noch einmal gestiegen ist in den Kliniken. Das Phänomen haben wir nicht nur hier in Leverkusen. Das haben wir auch in anderen Kliniken", sagt der Leverkusener Notfallpfleger Bahar Oktay. Er ist bundesweit vernetzt über Verbände mit anderen Pflegern. Angriffe und Gewalt seien in vielen Notfallambulanzen ein Thema.
Weit verbreitet ist offenbar, dass Patienten oder Angehörige beginnen, mit ihren Handys zu filmen, wenn ihnen etwas nicht passt. Die Aufnahmen landen dann in sozialen Netzwerken. Dort würden die Mitarbeitenden der Kliniken beleidigt oder regelrecht verächtlich gemacht.
Bisher kein Sicherheitspersonal nötig
Der Pflegedirektor des Klinikums Leverkusen, Matthias Klimkait, bestätigt, dass die Aggression und die Übergriffe zunehmen. "Im Gegensatz zu anderen Kliniken kommen wir noch ohne Sicherheitspersonal in der Notfallambulanz aus", sagt Klimkait dem WDR.
Aber das Leverkusener Klinikum hat reagiert. Ein Team der Klinik arbeitet an einem umfangreichen Sicherheitskonzept. Mit der Polizei werden Sicherheitspläne für die besonders betroffenen Bereiche abgestimmt. Alle Mitarbeitenden können kleine Funkmelder bekommen, mit denen sich Alarm auslösen lässt.
Unterstützung für das Klinikpersonal
Außerdem können die Beschäftigten in speziellen Trainings lernen, wie sich verhindern lässt, dass Situationen hochkochen. Und es gibt Selbstverteidigungskurse.
Es sei wichtig, dass die Klinik die Beschäftigten auch psychologisch unterstützt, sagt Oktay Bahar. "Nach Auseinandersetzungen mit Patienten geht man mit Bauchschmerzen nach Hause. Einige melden sich krank. Ich selbst wurde auf eine rassistische Art beschimpft. Das hat mich schon mitgenommen", berichtet der Notfallpfleger.
Aber nicht alle kommen mit Angriffen, Gewalt und Bleidigungen klar. Gespräche mit Psychologen oder Seelsorgern sollen ihnen helfen, nicht den Mut und die Lust an der Arbeit zu verlieren.
Über dieses Thema berichten wir am 27.01.2023 auch im WDR-Hörfunk und in der Lokalzeit aus Köln.