Mikroplastik im Rhein: Die unterschätzte Gefahr

Stand: 17.07.2023, 07:58 Uhr

Der Kölner Umweltverein KRAKE ist auf ein Problem gestoßen, dessen Dimension bisher offenbar vollkommen unbekannt war: Die KRAKE fischt mit ihrer Müllfalle ständig Mikroplastik aus dem Rhein.

Von Oliver Köhler

Es ist vollkommen unklar, woher die Partikel kommen. Klar ist aber: Mikroplastik gerät zunehmend in die Nahrungskette - auch von Menschen.

Beim Mikroplastik im Rhein handelt es sich um kleine Kügelchen - so groß wie die Köpfe von Stecknadeln. Farbe: meist weiß, schwarz oder grau. "Es ist Zufall, dass wir auf das Mikroplastik aufmerksam geworden sind", berichtet Christian Stock, der 1. Vorsitzende der KRAKE. Eigentlich wollte er herausfinden, wie viele Plastikbehälter und andere Plastikverpackungen im Rhein schwimmen.

Mikroplastik sammelt sich in Kölner Müllfalle

Im vergangenen Jahr hatte die KRAKE deshalb eine "Müllfalle" im Rhein bei Köln-Riehl verankert. An dem Schwimmponton sind Drahtkörbe befestigt, in denen Treibgut hängen bleibt.

Die Müllfalle der KRAKE auf dem Rhein.

Die Müllfalle der KRAKE auf dem Rhein.

Freiwillige der KRAKE leeren die Müllfalle regelmäßig, sortieren und wiegen die verschiedenen Müllarten und speichern die Informationen in einer Datenbank. "Wir haben festgestellt, dass an Pflanzenresten, die in unserer Falle hängen bleiben, regelmäßig diese kleinen Kügelchen kleben", sagt Kai Hirsch, der bei der KRAKE unter anderen für die Technik zuständig ist.

"Nach unseren bisherigen Recherchen könnten diese kleinen Plastikteilchen aus der Kunststoffproduktion kommen. Es könnte Material sein, mit dem Kunststoffgegenstände bei der Herstellung geschliffen werden, oder die Kügelchen stammen aus Recyclinganlagen."

Mikroplastik im Rhein: Die unterschätzte Gefahr

00:39 Min. Verfügbar bis 18.07.2024


Niemand weiß, woher das Mikroplastik stammt

Wie sie in den Rhein gelangen, wer die Verursacher sind, das ist bisher vollkommen unklar. "Dazu gibt es bisher keine Untersuchungen, sondern nur vage Hinweise", sagt Nico Schweiger, Projektleiter der Müllfalle. Das Umweltbundesamt schreibt zur möglichen Herkunft der Plastikteilchen: "Sie können unfallbedingt oder durch unsachgemäße Handhabung in die Umwelt gelangen."

Die Kunststoff-Industrie hat sich laut Umweltbundesamt freiwillig verpflichtet, die Einträge von Mikroplastik in die Umwelt zu verhindern oder zu minimieren. Das nordrhein-westfälische Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz hatte angekündigt, künftig das Abwasser möglicher Verursacher zu überprüfen. Bisherige Studien kamen zu dem Ergebnis, dass am meisten Mikroplastik im Bereich Düsseldorf und im Bereich der Ruhrmündung im Wasser des Rheins zu finden ist.

Offenbar hat sich aber bisher niemand auf die Suche nach den Verursachern gemacht. Die Kölner Bezirksregierung schrieb der KRAKE: Der Hinweis, dass Plastikkügelchen im Rhein schwimmen, sei zu vage, um Untersuchungen einzuleiten.

"Das Fatale ist: Diese Kügelchen sehen für Fische aus wie Nahrung", sagt Christian Stock, der Vorsitzende der KRAKE. "Die Fische fressen das Mikroplastik, kleine Fische werden von großen gefressen. So kommt das Zeug letztlich auch in die Fischstäbchen für unsere Kinder."