Nach Ferienfreizeit: Polizei ermittelt gegen DLRG-Betreuer

Stand: 16.11.2022, 14:42 Uhr

Die Polizei Köln ermittelt wegen sexueller Belästigung gegen einen DLRG-Betreuer. Das hat die Staatsanwaltschaft bekannt gegeben. Demnach geht es um Vorfälle während einer Ferienfreizeit im Sommer 2022.

Von dpa / Verena Köplin

Verdacht auf sexuelle Belästigung - das ist der Vorwurf gegen einen Betreuer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), der im Juli 2022 mit insgesamt 14 Kindern zwischen 11 und 15 Jahren in Spanien war. Wie Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer der Deutschen Presse-Agentur sagte, werden derzeit Zeugen vernommen. Bei der Staatsanwaltschaft sei man noch nicht mit dem Sachverhalt befasst.

Einer gemeinsamen Recherche der Süddeutschen Zeitung, der Sportschau und der Redaktion von Sport Inside zufolge soll der Beschuldigte beim Schwimmen im Meer übergriffig geworden sein, befremdliche Diskussionen mit Jugendlichen über sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie geführt und dabei deutlich gemacht haben, dass er die Strafgesetze in Deutschland für sexuelle Vergehen für zu streng halte. Außerdem habe es anmachende Bemerkungen und Bewertungen des Körpers von einzelnen Jugendlichen gegeben, heißt es.

Wie die DLRG in einer Stellungnahme auf ihrer Homepage erklärt, sei die Ferienfreizeit am 1. August umgehend abgebrochen worden, nachdem Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie zwei Betreuerinnen den Vorwurf von "Übergriffigkeit und sexueller Belästigung" gegen den Betreuer und Leiter der Fahrt erhoben hatten.

Jugendliche haben sich zusammengetan

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Freizeit hatten selbst dafür gesorgt, dass die Freizeit abgebrochen wird: Sie hatten sich zusammengetan, die Vorfälle notiert und analysiert und dann öffentlich gemacht. Wie die Sportschau berichtet, haben sie die Eltern informiert - die allerdings vergeblich versuchten, jemanden bei der DLRG zu erreichen. "Es gab nur Festnetznummern  und wir hatten Sonntag. Wer geht sonntags an eine Festnetznummer, die in irgendeinem Vereinshaus steht?", so der Vater einer Teilnehmerin. Daraufhin habe er eine Mail an den Bundes- und Landesverband geschrieben und angekündigt, sollte die DLRG nicht umgehend Kontakt aufnehmen, werde er nach Spanien fahren und die Polizei einschalten.

Auf diese Mail habe die Präsidentin des DLRG-Bundesverbandes reagiert und zugesagt, der Beschuldigte habe die Anweisung, unverzüglich abzureisen. Als er allerdings weiterhin bei der Gruppe blieb, kontaktierten die Eltern den Vermieter des Ferienhauses. Er rief die Polizei, der Betreuer wurde vorläufig festgenommen. Jetzt befasst sich die Polizei mit den Vorfällen. Den Rücktransfer der Jugendlichen organisierten die Eltern, nachdem die Organisation seitens der DLRG offenbar mehrfach gescheitert war.

DLRG erstattet selbst Anzeige

DLRG-Präsidentin Ute Vogt bestätigte, dass die DLRG selbst Anzeige erstattet habe. Man habe allerdings noch keine Rückmeldung zu den Ermittlungen. Die Eltern kritisieren derweil, dass die DLRG offenbar versuchte, Öffentlichkeit zu vermeiden. Ein Vater beschrieb die die Situation seitens der Sportschau so: "Als die Kinder frisch aus dem Bus ausstiegen, in dieser Situation war das Erste, was dieser Mensch von der DLRG gesagt hat 'Gehen Sie bloß nicht an die Presse, das ist das Schlechteste, was Sie machen können'. Damit wurden wir begrüßt. Hat nicht funktioniert." Auch eine Entschuldigung seitens der Lebensrettungs-Gesellschaft stehe weiterhin aus, heißt es.

DLRG-Chefin Vogt spricht davon, dass alle Landesverbände interessiert seien, aus der Aufarbeitung des Falls zu lernen. Es habe einen "Ruck" auf allen Ebenen gegeben. Man tue alles, damit so etwas nicht mehr vorkommt. Wichtig sei die Schaffung eines "täterfeindlichen Umfelds".

Schon früher hatte es Vorwürfe gegeben

Der Beschuldigte war Vorsitzender einer Kölner Ortsgruppe des DLRG. Dieses Amt habe er mittlerweile niedergelegt und sei so einer Suspendierung zuvor gekommen. Aktuell strebe die DLRG zudem ein Vereinsausschlussverfahren an, heißt es. Zuvor sollen aber die Ermittlungsergebnisse abgewartet werden.

Bereits 2019 soll es erste Vorwürfe gegen den Betreuer gegeben haben. Damals ging es zunächst um "respektloses Verhalten gegenüber Frauen". Man habe ihm klargemacht, dass ein solches Verhalten nicht hingenommen werde. 2021 gab es den Angaben zufolge weitere Hinweise durch eine Informantin. Dass die Vorfälle seinerzeit nicht öffentlich oder an höhere Stellen innerhalb des Verbands gemeldet wurden, scheitertedaran, dass eine Informantin die vom Landesverband Nordrhein für die Präventionsarbeit benannten Ansprechpersonen informiert hatte, gleichzeitig aber um Vertraulichkeit gebeten hatte.

Informationen versandeten

Die Informantin war selbst Betreuerin einer von dem Beschuldigten organisierten Freizeitfahrt im Jahr 2020 gewesen, auf der es "Grenzverletzungen" gegeben hatte. Die Betreuerin habe versprochen, sich zu melden, sobald der Beschuldigte für eine weitere Freizeit eingeplant sei, damit eine Intervention möglich wäre. Eine solche Information gab es dann aber nicht.

Die DLRG will daraus ihre Lehren ziehen. Zum Beispiel soll der aus dem Jahr 2014 stammende Handlungsleitfaden zur Prävention sexualisierter Gewalt weiter entwickelt werden, heißt es. Außerdem soll der Bundesverband bis zum kommenden Frühjahr einen Vorschlag für noch verbindlichere Vorgaben für die Durchführung solcher Reisen erarbeiten.

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