Reemtsma-Entführer nach Deutschland ausgeliefert

Überraschung im Drach-Prozess: Verteidiger abgelehnt

Stand: 15.12.2023, 13:15 Uhr

Im Prozess um den Reemtsma Entführer Thomas Drach vor dem Kölner Langericht gibt es kurz vor dem 100.Verhandlungstag einen Paukenschlag. Drach hat sich am Freitag (15.12.2023) offiziell von seinen Verteidigern distanziert.

Von Markus Schmitz

Der Prozess um Thomas Drach hatte schon viele Besonderheiten. Schreiende Anwälte, ein Richter, der mit der flachen Hand und viel Kraft auf den Tisch haut, ein Gutachter, der ausgetauscht werden musste und etliche andere Verzögerungen.

Im Gerichtssaal setzt sich Thomas Drach von seinen Anwälten weg

Im Gerichtssaal setzt sich Thomas Drach von seinen Anwälten weg

Was sich am Freitag (15.12.2023) im Saal 112 im Kölner Landgericht abspielte, hatte sich zwar ganz kurz vorher angedeutet, letztendlich aber doch alle überrascht. Am 98. Prozesstag beantragt Thomas Drach die Entpflichtung seiner Verteidiger. "Mandantenverrat, gekaufte Juristen, unfaires Verfahren." Diese Gründe trägt er in seinem rheinischen Singsang in einem unjuristischen Antrag vor. 

Vor der Erklärung betrat er zum ersten Mal seit Beginn des Verfahren den Gerichtssaal wortlos,  schaute seine Verteidiger nicht an, setzte sich mit Abstand zu den Verteidigern an die Anklagebank.

Drach vermutet Verschwörung

In seiner Begründung deutet er wieder einmal einen Zusammenhang an, den eine Staatsanwältin als "Verschwörung" bezeichnet. Ohne es genau zu sagen, geht Thomas Drach davon aus, dass die Vorwürfe der Anklage nicht stimmen. Man würde ihm aber den Prozess machen, weil sein damaliges Entführungsopfer Jan Philipp Reemtsma ihn wieder vor Gericht sehen wollte.

Und dass Reemtsma auch die beteiligten Staatsanwälte und Verteidiger bezahlen würde, damit Thomas Drach mit lebenslanger Strafe und Sicherungsverwahrung für immer weggesperrt wird. Solche Andeutungen macht Drach in dem laufenden Prozess immer wieder.

Auch Verteidiger beantragen Entpflichtung

Auch die Verteidiger haben von sich aus ihre Entpflichtung beantragt. Das muss aber nicht bedeuten, dass es nun auch umgesetzt wird.

Möglich ist, dass die zuständige Kammer die Verteidiger in ihren Aufgaben behält und den Prozess nun zu Ende bringen will. Denkbar, aber eher unwahrscheinlich ist auch, dass neue Anwälte ins Verfahren kommen. 

Bruch für Prozessbeobachter verwunderlich

Die beiden bisherigen Verteidiger haben für ihren Mandanten an jedem Prozesstag gekämpft, sagen Prozessbeobachter. Dass es nun zu dem Bruch gekommen ist, der offenbar von Drach ausgeht, ist eher verwunderlich.

Eigentlich war für Freitag das Ende der Beweisaufnahme und der Beginn der Plädoyers geplant. Der Prozess gegen den Angeklagten läuft bereits seit Februar 2022. Dem 63-jährigen Drach werden vier Raubüberfälle in Köln, Frankfurt am Main sowie im hessischen Limburg zur Last gelegt. Zudem ist er wegen versuchten Mordes angeklagt, weil er auf zwei Geldboten geschossen haben soll.

Verbrecher seit frühester Jugend

Schon als 13-Jähriger hatte Drach Autos geknackt, mit 18 Jahren einen Supermarkt überfallen. Dann folgte ein bewaffneter Bankraub und mehr als sieben Jahre Haft. Nur wenige Jahre später folgte sein größter Coup: die Entführung des Soziologen und Industrie-Erben Jan Philipp Reemtsma. Insgesamt rund 30 Millionen Mark Lösegeld sollen Drach und seine Komplizen damals kassiert haben.

Drach-Prozess: Verteidiger abgelehnt

00:31 Min. Verfügbar bis 15.12.2025


Über dieses Thema berichtet der WDR am 15.12.2023 auch im Fernsehen in der WDR Lokalzeit aus Köln.