Todesurteil gegen Deutsch-Iraner: Tochter fordert mehr politischen Druck
Stand: 29.04.2023, 18:20 Uhr
Gegen den im Iran inhaftierten deutschen Staatsangehörigen Jamshid Sharmahd könnte bald ein Todesurteil vollstreckt werden. Dagegen wurde am Samstag in Bonn demonstriert. Seine Tochter Gazelle fordert im WDR Konsequenzen von Deutschland.
Der Oberste Gerichtshof im Iran hatte am Mittwoch das umstrittene Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd bestätigt. Beobachter sagen, Sharmahd könne ab jetzt jeden Moment hingerichtet werden.
Die Europäische Union (EU) verurteilt das Todesurteil im Iran gegen Sharmahd scharf. In Bonn fand am Samstag eine Demonstration mit rund 600 Teilnehmern gegen die drohende Hinrichtung statt.
Tochter: "Wir brauchen jetzt die Aufmerksamkeit der Menschen"
Fordert mehr Druck auf das Regime: Gazelle Sharmahd
Auch Sharmahds Tochter Gazelle kämpft für ihren Vater und appellierte an die Bundesregierung, alle diplomatischen Mittel zu nutzen, um die Hinrichtung zu verhindern. Sie sei noch wie unter Schock, erzählt Gazelle Sharmahd im Gespräch mit dem WDR.
"Mein Vater soll hingerichtet werden, weil er einen Radiosender hatte, weil er den Menschen eine Stimme gegeben hat. Das, was so viele Aktivisten durch Twitter und Instagram machen."
"Es ist ein absoluter Albtraum zu sehen, wie erst sein Charakter ermordet wurde, er dann gefoltert wurde und er jetzt ermordet werden soll - und die Welt schaut zu, als wenn wir es mit einem Gericht zu tun hätten. Es gibt dort keine Anwälte, es gibt dort keine Richter, es gibt dort kein Gesetz." Sie persönlich habe seit zwei Jahren keinen Kontakt zu ihrem Vater. "Wir wissen nicht , ob er überhaupt noch am Leben ist."
Gazelle habe sich über die Statements der Außenministerin und der EU gefreut. Aber es müsse mehr Druck ausgeübt werden. "Dann wüsste das Regime, dass der Preis, meinen Vater hinzurichten, am Ende zu hoch ist." Die Sanktionen seien nicht gravierend genug.
Kein Zugang zu einem Anwalt
Jamshid Sharmahd ist im Iran zum Tode verurteilt.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte laut einer in der Nacht zu Samstag verbreiteten Mitteilung von den Verantwortlichen in Teheran, von der Vollstreckung der Strafe abzusehen. Außerdem verlangte Borrell, das Urteil aufzuheben und dafür zu sorgen, Sharmahd unverzüglich die grundlegenden Rechte zu gewähren, auf die er nach dem Völkerrecht Anspruch habe.
Borrell kritisierte, dass der 68-Jährige während seiner gesamten Haftzeit keinen Zugang zu einem Anwalt seiner Wahl und keinen konsularischen Beistand hatte, obwohl er die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock schrieb bei Twitter, dass Sharmahd "zu keinem Zeitpunkt den Ansatz eines fairen Prozesses" gehabt habe.
Was wird Jamshid Sharmahd vorgeworfen?
Der Deutsch-Iraner war im Sommer 2020 vom iranischen Geheimdienst in Dubai festgenommen worden. Seitdem sitzt er im Iran im Gefängnis. Die iranische Justiz hatte das Todesurteil gegen den 67-jährigen Dissidenten im Februar verkündet. Das Regime wirft Sharmahd vor, an einem Anschlag auf eine Moschee in der südiranischen Stadt Schiras im April 2008 beteiligt gewesen zu sein.
Außerdem werden ihm Kontakte zu westlichen Geheimdiensten vorgeworfen. Vertreter der Bundesregierung und der EU sprachen von einem politischen Prozess, der in keiner Weise rechtsstaatlichen Prinzipien gefolgt sei.
Sharmahd setzte sich für Oppositionsgruppen ein
Der in Teheran geborene Sharmahd war im Alter von sieben Jahren nach Deutschland gekommen und wuchs in Peine und Hannover auf. Seit 1995 ist er deutscher Staatsbürger mit doppelter Staatsbürgerschaft. 2003 wanderte der Familienvater in die USA aus und baute dort ein Software-Unternehmen auf. Gleichzeitig setzte er sich für iranische Oppositionsgruppen ein.