Aufnahme der Tochter Gazelle Sharmad und des Vaters Jamshid Sharmahd

Todesurteil gegen Deutsch-Iraner: Tochter warnt vor schneller Exekution

Stand: 05.03.2023, 20:02 Uhr

Das Todesurteil gegen den im Iran inhaftierten deutschen Staatsangehörigen Jamshid Sharmahd könnte bald vollstreckt werden. Seine Tochter fleht die Bundesregierung an, alle diplomatischen Kanäle zu nutzen.

Das Todesurteil gegen Sharmahd war erst vor wenigen Wochen, einen Tag nach der Bekanntgabe neuer Sanktionen der Europäischen Union (EU) gegen den Iran, verkündet worden. Die Angehörigen des verurteilten Dissidenten hatten all ihre Hoffnung auf ein Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof der Islamischen Republik gesetzt, das für die kommende Woche angesetzt war.

Doch nun könnte alles sehr schnell gehen: Sie habe erfahren, dass das Berufungsverfahren schon an diesem Wochenende eingeleitet wurde, warnte Sharmahds in den USA lebende Tochter Gazelle am Samstag bei Twitter. "Das heißt das Urteil könnte innerhalb von kürzester Zeit bestätigt und vollstreckt werden!!!"

Prozess im Hauruck-Verfahren?

Dass das Verfahren so plötzlich angesetzt wurde, sei kein Zufall, sagt Gazelle Sharmahd. Am Wochenende sei das deutsche Auswärtige Amt schlecht besetzt und es gebe weniger Möglichkeiten, über diplomatische Kanäle Einfluss zu nehmen.

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Sie appellierte eindringlich an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), jetzt Druck aufzubauen und die Exekution ihres Vaters zu verhindern. "Ich bitte alle darum, so laut wie möglich zu sein und meinem Papa zur Seite zu stehen!" Jetzt gehe es um Leben oder Tod.

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Vorwurf: Terrorismus

Die iranische Justiz hatte das Todesurteil gegen den 67-jährigen Dissidenten im Februar verkündet. Das Regime wirft Sharmahd vor, an einem Anschlag auf eine Moschee in der südiranischen Stadt Schiras im April 2008 beteiligt gewesen zu sein. Offenbar hatte der Angeklagte eine Beteiligung am Attentat gestanden. Außerdem werden ihm Kontakte zu westlichen Geheimdiensten vorgeworfen. Vertreter der Bundesregierung und der EU sprachen von einem politischen Prozess, der in keiner Weise rechtsstaatlichen Prinzipien gefolgt sei.

Die deutsch-iranische WDR-Journalistin Isabel Schayani bestätigt diese Sichtweise: "Solche Urteile entstehen unter Folter. Irgendwann gestehen sie das dann." Politische Gefangene wie Sharmahd seien für das Regime in Teheran nicht viel mehr als Schachfiguren, mit denen man ausländische Regierungen unter Druck setzen könne.

Todesurteil gegen Deutsch-Iraner - Seine Tochter Gazelle Sharmahd im Gespräch

18:34 Min. Verfügbar bis 22.02.2028

Die Bundesregierung hatte als Reaktion auf das Urteil den iranischen Botschafter einbestellt und zwei Diplomaten des Landes verwiesen. "Wir fordern Iran auf, das Todesurteil für Jamshid Sharmahd zu widerrufen und ihm ein faires und rechtsstaatliches Berufungsverfahren zu ermöglichen", erklärte Baerbock.

Amnesty International: "Stille Diplomatie" gescheitert

Für Ruth Jüttner von Amnesty International ist die Entwicklung im Fall Sharmahd auch ein Zeichen, dass das traditionelle Vorgehen der Bundesregierung in diplomatische Streitfragen an seine Grenzen gestoßen ist. "Sie hat auf stille Diplomatie gesetzt", sagte Jüttner dem WDR am Sonntag. Diese Strategie habe keinen Erfolg gebracht. Ihre Forderung: Der deutsche Protest müsse "viel lauter und stärker an die Öffentlichkeit" gebracht werden.

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Sharmahd für Wiederbelebung der iranischen Monarchie

Jamshid Sharmahd ist in Deutschland aufgewachsen und vor rund 20 Jahren mit seiner Familie in die USA ausgewandert. Von dort aus setzte sich der Deutsch-Iraner für eine Restitution der iranischen Monarchie ein, die durch die Islamische Revolution im Jahr 1979 gestürzt worden war. Der Iran hatte Sharmahds Festnahme im August 2020 bekannt gegeben. Nach Angaben seiner Familie wurde der Oppositionelle bei einem Zwischenstopp in Dubai vom iranischen Geheimdienst entführt.

Politische Patenschaft durch Friedrich Merz

CDU-Chef Friedrich Merz hatte Anfang Januar angekündigt, eine "politische Patenschaft" für Sharmahd zu übernehmen. "Mit meiner Patenschaft will ich ein Zeichen setzen für alle Männer und Frauen, die im Iran für ein freies, selbstbestimmtes Leben kämpfen", hieß es auf Merz' Twitter-Account.

Nach dem Todesurteil hatte Merz die Bundesregierung aufgefordert, dem Iran klarzumachen, welche harten Folgen der Tod des Deutschen für die Beziehungen beider Länder haben werde. Eine Exekution müsse dazu führen, dass die diplomatischen Beziehungen zum Iran abgebrochen werden.

Über dieses Thema berichten wir auch am Sonntag, 5. März, ab 18.45 Uhr in der "Aktuellen Stunde" im WDR-Fernsehen.

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