Corona in China: EU empfiehlt Testpflicht für Reisende - Deutschland macht mit

Stand: 05.01.2023, 11:43 Uhr

Die EU hat gestern ihren Mitglieds-Staaten empfohlen, eine Testpflicht für Reisende aus China einzuführen. Deutschland macht nach langem Zögern mit. Fragen und Antworten.

In China ist die Corona-Lage gerade so unübersichtlich wie in keinem anderen Land. Vor rund vier Wochen hatte Peking praktisch von jetzt auf gleich alle Corona-Maßnahmen beendet. Seitdem breitet sich das Virus dort ungebremst aus. Wissenschaftler warnen, die Corona-Welle könnte neue Varianten hervorbringen. Als Reaktion auf die Infektionswelle verschärfen immer mehr Länder ihre Kontrollen für Einreisende aus China.

Was gilt für Reisende aus der Volksrepublik, die in die EU kommen?

Die EU-Staaten haben sich am Mittwoch nicht auf eine Testpflicht für Reisende aus der Volksrepublik einigen können - empfehlen diese aber nachdrücklich. Wie die schwedische Ratspräsidentschaft nach einem Treffen von Gesundheitsexperten der Mitgliedstaaten in Brüssel mitteilte, werden die EU-Länder nachdrücklich dazu aufgefordert, für Reisenden aus China in Richtung Europa vor der Abreise einen negativen Corona-Test vorzuschreiben, der nicht älter als 48 Stunden sein soll.

Einig sei man sich unter anderem darin, das Tragen einer medizinischen oder einer FFP2-Maske an Bord der Flugzeuge zu empfehlen. Die Entscheidung ist für die einzelnen EU-Staaten nicht bindend, gilt jedoch als wichtige Leitschnur. Mitte des Monats sollen die Maßnahmen überprüft werden.

Welche Regeln gibt es bisher für Einreisende aus China?

Die Regeln sind von Land zu Land unterschiedlich. Italien hatte als erstes entschieden: Einreisende aus China brauchen einen negativen Corona-Test. Das war nicht unbegründet, denn bei Stichproben am Flughafen Mailand war jeder zweite Einreisende aus China positiv getestet worden.

Frankreich hat sich dann mit den verpflichtenden Tests angeschlossen und appelliert an die Französinnen und Franzosen, möglichst von Reisen nach China abzusehen. Außerdem gilt auf Flügen von China nach Frankreich wieder eine Maskenpflicht.

Auch Spanien verlangt von allen Flugreisenden aus China einen negativen Corona-Test - alternativ kann auch ein Impfnachweis vorgezeigt werden. Belgien hat angekündigt, das Abwasser von eintreffenden Flugzeugen zu überprüfen, damit keine möglicherweise bedrohlichen neuen Virusvatianten eingeflogen werden.

Auch außerhalb Europas wurden Maßnahmen beschlossen: So ordneten auch die Regierungen der USA, Japan und Israel eine Corona-Testpflicht für Reisende aus China an. Marokko ging noch einen Schritt weiter und untersagte unabhängig von der Nationalität der Reisenden jegliche Einreisen aus China.

Diverse andere Länder haben keine Maßnahmen beschlossen. Sie vertreten den Standpunkt, dass es sich bei den verpflichtenden Tests bei der Einreise nicht um die beste Option handele, die lokalen Bevölkerungen zu schützen. Begründung: Neue Varianten aus China seien in Europa bereits im Umlauf, oftmals seit vielen Monaten.

Was macht Deutschland?

In Deutschland gab es bisher keine verpflichtenden Tests für Menschen, die aus China nach Deutschland kommen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte noch am Freitag erklärt, er sehe dafür auch keine Veranlassung. Am Donnerstag dann die Kehrtwende: Die deutsche Einreiseverordnung werde geändert, erklärte Lauterbach. "Für Reisende aus China bedeutet das, dass sie künftig bei Reiseantritt nach Deutschland mindestens einen Antigenschnelltest benötigen und dass es bei der Einreise dann zu Stichproben kommt, um Virusvarianten zu erkennen. Darüber hinaus wird es ergänzende Abwasserkontrollen für China-Reisen geben."

Wie reagiert China auf die Einreisebeschränkungen?

Die chinesische Regierung hat verpflichtende Corona-Tests für Reise aus China in mehreren Ländern kritisiert und Gegenmaßnahmen angekündigt. Die von einigen Ländern verhängten Einreisebeschränkungen hätten keine wissenschaftliche Grundlage und seien teilweise inakzeptabel, sagte die Sprecherin des Außenministeriums in Peking, Mao Ning.

"Wir wenden uns entschieden gegen Versuche, die Corona-Maßnahmen zu politischen Zwecken zu manipulieren, und werden auf der Grundlage des Prinzips der Gegenseitigkeit Gegenmaßnahmen ergreifen." Mao Ning, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums

Wie gefährlich könnte die Corona-Welle in China für uns werden?

Mit den Infektionszahlen in China wächst auch die Angst vor Auswirkungen auf den Rest der Welt. Wegen der hohen Zahlen als solche müsse man sich aber keine Sorgen machen, meint Virologe Martin Stürmer. Die Situation vor knapp drei Jahren sei eine neue, andere gewesen, Chinas erste Welle habe uns unvorbereitet getroffen. Aktuell seien die Menschen in Deutschland gut durchgeimpft.

"Wir haben unsere Welle hinter uns gebracht und haben eine Immunität in der Bevölkerung aufgebaut. Wir sind gut gegen schwere Verläufe geschützt." Dr. Martin Stürmer, Virologe

Was laut Stürmer allerdings problematisch werden könne: "Dass ganz neue Varianten in China entstehen, weil Corona dort auf eine Bevölkerung trifft, die bislang wenig Kontakt zum Virus gehabt hat - sei es durch Impfungen oder Infektionen." Daher könne das Virus neue Pfade in der Evolution einschlagen.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit einer neuen Variante?

Alex Cook, Experte für öffentliche Gesundheit an der National University of Singapore, warnte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters vor Gefahren der Öffnung für die Weltgemeinschaft. "Jede neue Epidemiewelle in einem anderen Land birgt das Risiko neuer Varianten, und dieses Risiko ist umso höher, je größer der Ausbruch ist." Und die derzeitige Welle in China habe "das Zeug dazu, groß zu werden."

Der britische Mediziner Paul Hunter hingegen sieht derzeit keine zusätzliche Gefahr für andere Länder. "Schließlich hat der größte Rest der Welt hybride Immunität", sagte der Medizinprofessor von der University of East Anglia in Norwich und verwies damit auf den Schutz sowohl durch Impfungen als auch Ansteckungen.

Auch Virologe Martin Stürmer hält es nicht für allzu wahrscheinlich, dass in China eine neue Variante entsteht, die uns "klinisch härter treffen wird". Ausschließen könne man dies aber nicht.