Kunden stehen an einem Zeitungskiosk in Rostock (Aufnahme von 1985)

22. Dezember 1953 - Lizenz für DDR-Zeitung "Wochenpost" ausgestellt

Stand: 22.12.2018, 00:00 Uhr

In der DDR gehören die meisten Zeitungen und Zeitschriften der Staatspartei SED. Das wirkt sich auf den Journalismus aus: Verlautbarungen statt kritische Berichterstattung. Aber wenigstens eine Zeitung ist dennoch beliebt: Die "Wochenpost" mit ihrem markanten grünen Zeitungskopf.

Ihre Gründung wird im SED-Zentralkomitee beschlossen - als Reaktion auf den Aufstand vom 17. Juni 1953. Die Partei will damit ihre Distanz zur Bevölkerung überwinden. Am 22. Dezember 1953 stellt das DDR-Presseamt die Lizenz-Nummer 700 für die "Wochenpost" aus. Ab Weihnachten desselben Jahres erscheint das neue Wochenblatt im SED-eigenen Berliner Verlag.

Erste Ausgabe der "Wochenpost" in der DDR (am 22.12.1953)

WDR 2 Stichtag 22.12.2018 04:16 Min. Verfügbar bis 19.12.2028 WDR 2


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Warteschlangen für die Wochenpost

"Ob Sommerglut, ob bitterer Frost - ein jeder liest die Wochenpost" - dieser Werbespruch prangt im Dezember 1953 an den Berliner Litfaßsäulen. Zwar erhält auch der Chefredakteur dieser Zeitung seine Anweisungen und Tabu-Listen von der SED. Doch die Vorgaben sind etwas lockerer.

Das macht die "Wochenpost" noch nicht zum Oppositionsblatt. Dennoch ist sanfte Kritik einiger Mängel im real existierenden Sozialismus möglich. Reportagen über die soziale Wirklichkeit gehören dazu. Das ist für die "Wochenpost" verkaufsfördernd. Einmal wöchentlich formieren sich Warteschlangen vor den Zeitungskiosken der DDR.

"Ein Ablenkungsinstrument"

"Eine Verkaufsauflage von 1,6 Millionen bei 16 Millionen Einwohnern ist ja etwas", sagt der inzwischen verstorbene stellvertretende Chefredakteur Klaus Polkehn. "Unser Leserkreis war im Durchschnitt so zusammengesetzt wie die Bevölkerungsstatistik: Vom Professor bis zur Putzfrau gab es bei uns alles."

Die langjährige Autorin und Redakteurin Renate Rauch ergänzt: "Die 'Wochenpost' war nicht so konzipiert, dass sie sozusagen Hofberichterstattung machen musste und Parteisprache führen sollte." Sie sei vielmehr "so eine Art Ablenkungsinstrument" gewesen.

Aus für die Wochenpost

Nach der Wende übernimmt zunächst der Hamburger Verlag Gruner und Jahr die "Wochenpost". Doch die Auflage sinkt auf rund 100.000 Exemplare. Gut sieben Jahre nach dem Fall der Mauer wird die Berliner Wochenzeitung im Dezember 1996 eingestellt.

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