Walter Scheel, 1986

8. Juli 1919 - Geburtstag des FDP-Politikers Walter Scheel

Stand: 08.07.2019, 00:00 Uhr

Walter Scheel gilt als der Gute-Laune-Liberale aus dem Rheinland. 1973 tritt er als Stargast mit dem Volkslied "Hoch auf dem gelben Wagen" bei Wim Thoelke im ZDF auf. Ein Jahr später wird ihm der Orden "Wider den tierischen Ernst" verliehen. Mit derartigen Auftritten gräbt er sich ins Gedächtnis seiner Landsleute ein. Aber Scheel ist mehr als das.

Von Kindheit an lernt Scheel, in den entscheidenden Situationen hart durchzugreifen. An der Front überlebt er den als tödlich geltenden Fleckentyphus, in der damals noch rechtsnationalen FDP muss er sich als Linksliberaler gegen die Parteibonzen behaupten. So wird er auch zum Macher.

Walter Scheel, Politiker (Geburtstag 08.07.1919)

WDR 2 Stichtag 08.07.2019 04:16 Min. Verfügbar bis 05.07.2029 WDR 2


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Wegbereiter der Entspannungspolitik

Geboren wird Scheel am 8. Juli 1919 in Solingen. Er durchläuft alle Stufen einer bundesdeutschen Polit-Karriere: Zuerst tritt er 1946 in die Freie Demokratische Partei (FDP) ein, wird Stadtrat in seiner Heimatstadt, sitzt im Düsseldorfer Landtag, im Bundestag und im Europaparlament. In den 60er Jahren ist er Minister für Entwicklungshilfe in den Kabinetten von Konrad Adenauer (CDU) und Ludwig Erhard (CDU). Als die Liberalen in der Opposition sind, übernimmt Scheel 1968 den Parteivorsitz. Dann wird er unter Willy Brandt (SPD) Bundesaußenminister, Vizekanzler – und einer der Wegbereiter der Entspannungspolitik.

1974 kandidiert Scheel gegen den Bundestagsabgeordneten Richard von Weizsäcker (CDU) für das Amt des Bundespräsidenten. Da ist er nicht nur Außenminister, sondern kurzzeitig auch der amtierende Bundeskanzler: Kurz zuvor ist Willy Brandt nach der Enttarnung seines engen Mitarbeiters, Günter Guillaume, als DDR-Spion zurückgetreten, sein Nachfolger, Helmut Schmidt (SPD), noch nicht im Amt. Mit einer Mehrheit von 32 Stimmen wird er gewählt.

Der Patchwork-Staatsmann

Während sein SPD-Vorgänger Gustav Heinemann politische Zeichen setzte, betont Scheel Repräsentation und Würde des Amtes. 1976 verweigert er allerdings die Unterzeichnung des Gesetzes zur Abschaffung der Gewissensprüfung bei Wehrdienstverweigerern. 1979 verzichtet er auf eine erneute Kandidatur.

Privat hat Scheel drei Frauen: Seine Jugendliebe Eva stirbt 1966 an Krebs, drei Jahre später lernt er seine zweite Ehefrau Mildred kennen. Zusammen werden sie als Patchworkfamilie – Mildred bringt eine Tochter mit in die Ehe, gemeinsam bekommen sie eine weitere Tochter und adoptieren ein Waisenkind aus Bolivien – zum Symbol der Zeit. Mildred stirbt 1985, Jahre später heiratet er ein drittes Mal. Scheel stirbt 2016 in Bad Krozingen.

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