Anfang der 70er Jahre sucht die sozial-liberalen Regierungskoalition der Bundesrepublik die Aussöhnung mit Polen und der Sowjetunion. Mit den Ostverträgen will Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) die Beziehungen auch zur DDR normalisieren. Die CDU wittert hierin Verrat: die Wiedervereinigung beider deutschen Staaten scheint in Gefahr. "Deshalb", so Rainer Barzel, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, im deutschen Bundestag, "sagen wir: so nicht!"
Unter Barzel beantragt die CDU/CSU-Fraktion 1972 ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Brandt. Die Abstimmung wird im ganzen Land gespannt verfolgt. Barzel scheitert – nur zwei Stimmen fehlen zum Erfolg. Mittlerweile gilt es als sicher, dass die Abweichler in den eigenen Reihen vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR gekauft wurden.
30 Jahre MdB
Geboren wird Rainer Barzel 1924 im ostpreußischen Braunsberg. Er wächst in Berlin auf. 1954 entscheidet er sich für eine Karriere als Politiker und avanciert bereits in jungen Jahren zum Hoffnungsträger der CDU. Mejr als 30 Jahre ist er Abgeordneter des Deutschen Bundestags, unter den Bundeskanzlern Konrad Adenauer und Helmut Kohl ist er Minister für innerdeutsche Beziehungen.
Als Brandt nach dem gescheiterten Misstrauensvotum ohne handlungsfähige Mehrheit ist und Monate später die Vertrauensfrage stellt, ist Barzel bei den Neuwahlen im Herbst 1972 sein Gegenkandidat. Doch Brandt macht die SPD zur stärksten Partei im Bundestag, Barzels Stern beginnt zu sinken. Von nun an gehört Helmut Kohl, der statt seiner CDU-Vorsitzender wird, die Zukunft der Partei.
Kritiker der Politik
1983 und 1984 ist Barzel Präsident des Deutschen Bundestags. 1987 verabschiedet er sich aus dem Parlament. Danach beschäftigt er sich bis zu seinem Tod immer wieder kritisch mit der Politik. Er stirbt am 26. August 2006 in München.
Stand: 26.08.2011
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