von Moltke

18. Juni 1916 - Todestag von Johannes Helmuth von Moltke

Stand: 18.06.2016, 00:00 Uhr

"Helmuth Johannes von Moltke war kein klassischer Haudegen", sagt Professor Michael Epkenhans, Historiker am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Von Moltke, geboren 1848, spielt Cello, zeichnet und ist gebildet. Einer seiner Bekannten ist Rudolf Steiner, Begründer der Anthroposophie. Und dieser Mann soll als Spitzenmilitär die Truppen im Ersten Weltkrieg befehligen? Er bekommt Gegenwind zu spüren. "Zu allem Überfluss ist er ein religiöser Fantast, der an Schutzengel, Geistheilung und ähnlichen Blödsinn glaubt", schreibt der damalige Infanteriegeneral Dietrich von Hülsen-Haeseler. Und Epkenhans bestätigt: "Moltke ist nie unumstritten gewesen, aber das war sein Onkel auch nicht. Sein Onkel galt als philosophischer General."

Das Erbe seines Onkels wird zur Bürde

Moltkes Onkel war der preußische Generalfeldmarschall Helmuth Karl Bernhard von Moltke, Stratege der drei preußischen Einigungskriege gegen Dänemark, Österreich und Frankreich. Der Name von Moltke galt im 19. Jahrhundert als Garant für militärischen Erfolg - für den Neffen wird das Erbe zur Bürde. "Helmuth Johannes von Moltke leidet darunter, dass er den Ansprüchen, die mit seinem Onkel verbunden sind, nicht gerecht werden kann", erklärt Epkenhans.

Und doch bringt ihn seine Herkunft ins Zentrum der militärischen und politischen Macht. 1906 ernennt ihn Kaiser Wilhelm II. zum Chef des Großen Generalstabes. Michael Epkenhans sagt: "Der Kaiser mochte ihn, nicht zuletzt wegen seines Namens, aber auch weil Moltke in gewisser Hinsicht willfährig war."

"Ich halte einen Krieg für unvermeidbar und je eher, umso besser"

Als Moltke berufen wird, befindet sich Europa in einer politisch explosiven Lage. Deutschland und Österreich-Ungarn stehen auf der einen Seite, Frankreich, Russland und Großbritannien auf der anderen. Die Militärs des Kaiserreichs wähnen sich von Feinden eingekreist und fordern den schnellen Waffengang.

"Ich halte einen Krieg für unvermeidbar und je eher, umso besser", sagt Moltke schon 1912. Moltke sieht die Siegchancen schwinden, mit jedem Tag, der bei der Mobilmachung verloren geht. "Er war ein Kriegstreiber", sagt Epkenhans.

Als Deutschland erst Russland und dann Frankreich den Krieg erklärt, greift der Generalstabschef auf die Pläne seines Vorgängers Alfred Graf von Schlieffen zurück: Demnach könne nur ein schneller Sieg über Frankreich dazu führen, einen Zwei-Fronten-Krieg zu gewinnen. Der Plan misslingt: Die deutschen Truppen werden 50 Kilometer vor Paris an der Marne gestoppt. Der erhoffte Blitzsieg wird zum zermürbenden Stellungskrieg, ein Szenario, das Moltke selbst befürchtet hat. "Nur wenige können sich eine Vorstellung über den Umfang, die Dauer und das Ende dieses Krieges machen. Wie das alles enden soll, ahnt heute niemand", schreibt er. Moltke zieht Truppenteile von der Marne ab, um deren Vernichtung zu verhindern und soll dem Kaiser angeblich gemeldet haben: "Majestät, wir haben den Krieg verloren."

Von Moltke hält dem Druck nicht stand

Das ist nicht falsch, nur hören will es niemand. Moltke verzweifelt, erleidet am 14. September 1916 einen Nervenzusammenbruch. Der Kaiser entlässt ihn, er ist als Generalstabschef nicht mehr zu halten. Ehemalige Vertraute treten ihm nach. Oberst Erich Ludendorff nennt die Niederlage des Kaiserreichs später "ein Verbrechen, das unbewusst durch die Ernennung eines okkulten Chefs am Deutschen Heer und Deutschen Volk vollzogen wurde." Helmuth Johannes von Moltke stirbt am 18. Juni 1916 an einem Schlaganfall. Die Öffentlichkeit reagiert verhalten auf seinen Tod. "Nach der Niederlage wurde Moltke zum Sündenbock – auch weil er sich nicht mehr wehren konnte", sagt Michael Epkenhans.

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