Pilotin im Cockpit einer Boeing 737

Frühjahr 1986 - Erste Frauen bei Lufthansa zu Piloten ausgebildet

Stand: 21.06.2016, 00:00 Uhr

"Eher wird eine Frau Boxweltmeister im Schwergewicht als Kapitän bei der Deutschen Lufthansa." Dieser Satz des Leiters der Lufthansa-Fliegerschule aus den 60er Jahren wird immer wieder gern zitiert, wenn es um die Haltung der Fluglinie zu Frauen am Steuer geht. Dabei ist es die deutsche Staatsfluggesellschaft, die 1927 mit Marga von Etzdorf die erste Frau ins Cockpit setzt. Die darf aber nur ein halbes Jahr zwischen Berlin und Basel steuern. Und dann ist wieder für 60 Jahre Schluss.

Die Männer sabotieren

Frauen und Luftfahrt, das ist für die Männerwelt seit jeher die Höhe. "Die Polizei hat dem Bürger Garnerin die Luftreise mit einem Frauenzimmer verboten", berichtet eine französische Zeitung bereits Anfang des 19. Jahrhunderts über das erste professionelle Ballonfahrer-Ehepaar Jeanne-Geneviève Labrosse und André-Jacques Garnerin. "Weil die Luftfahrt von zwei Personen verschiedenen Geschlechts unanständig und unmoralisch, und weil nicht ausgemacht sei, ob nicht der Druck der Luft den zarten Organen eines Mädchens gefährlich werden könnte."

Gefährlich wird Amelie Hedwig Boutard-Beese, genannt Melli Beese, Anfang des 20. Jahrhunderts eher die männliche Konkurrenz. In den Flugstunden wird die erste deutsche Anwärterin auf einen privaten Pilotenschein zumeist erst als letzte berücksichtigt. Schlimmer noch: Manchmal werden bei ihr gute Zündkerzen gegen verrußte ausgetauscht, einmal wird ihr das Benzin abgesaugt, sodass sie notlanden muss, ein andermal die Verspannungen der Tragflächen gelockert. Es nützt alles nichts: 1911 besteht Melli Beese in Berlin ihren ersten Alleinflug mit einem Doppeldecker.

Sechs Prozent Frauen

Eine Frau sitzt auch 1936 bei der Präsentation des ersten Hubschraubers der Welt in der Berliner Deutschlandhalle am Steuerknüppel. Nicht, weil man dem weiblichen Gehirn nunmehr zutrauen würde, den komplexen Mechanismus von Flugoperationen zu durchschauen. Vielmehr will man signalisieren, dass Hubschrauberfliegen ein Kinderspiel sei, das für Jedermann beherrschbar sei. So dürfen Frauen auch bei der Lufthansa bis in die 80er Jahre hinein nur Tomatensaft durch die Gänge der Boeings schieben und fröstelnden Passagieren warme Decken bringen. Vorne im Cockpit sitzt - natürlich - ein Mann.

Das ändert sich erst, als die Lufthansa Probleme mit dem Nachwuchs bekommt. Jetzt zieht selbst ihr Jahrzehntelang ins Feld geführtes Argument nicht mehr, dass die Pilotenausbildung für Menschen zu teuer sei, die danach vielleicht einfach schwanger werden. Im Frühjahr 1986 beginnen die ersten Frauen mit der Ausbildung. Inzwischen arbeiten bei der Kranich-Linie 417 Co-Pilotinnen und 114 Kapitäninnen. Das sind gerade einmal sechs Prozent – was aber offenbar auch daran liegt, das der Beruf bei vielen Frauen als nicht besonders attraktiv gilt.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am21. Juni 2016 ebenfalls an die erste Pilotenausbildung für Frauen bei der Lufthansa. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.