Filmszene aus "Onkel Toms Hütte" (1965)

5. Juni 1851 – "Onkel Toms Hütte" erscheint als Fortsetzungsroman

Stand: 05.06.2016, 00:00 Uhr

Tom ist ein guter und fleißiger Sklave. Als bekennender Christ richtet er Messen für andere Schwarze aus und verwaltet die Farm seines Herrn Mr. Shelby mustergültig. Aber dann muss sein Besitzer ihn verkaufen. Getrennt von Frau und Kind, gelangt Tom schließlich in die Fänge des skrupellosen Plantagenbesitzers Mr. Legree, dem seine Sanftmut ein Dorn im Auge ist. Gefoltert und zu Tode geprügelt, stirbt Tom mit reinem Herzen, noch mit seinem letzten Atemzug verzeiht er seinen Peinigern. Seine Hütte wird zum Monument der Mahnung für die Nachwelt.

"Folgt alle im Gedächtnis seinem Beispiel", heißt es im Roman "Onkel Toms Hütte" von Harriet Beecher-Stowe, dessen erste Folge am 5. Juni 1851 in der Wochenzeitung "National Era" in Washington erscheint. "Seid ehrlich, treu und christlich, wie er es war, und gedenkt eurer Freiheit jedes Mal, wenn ihr Onkel Toms Hütte seht."

"Ich werde Bilder schaffen"

Beecher-Stowe wird 1811 in Litchfield, Connecticut, geboren. Ihr Vater, der sie schon bald alleine großzieht, zählt zu den bekanntesten puritanischen Predigern Nordamerikas. Beecher-Stowe beginnt bereits als Kind zu schreiben, kann der Überlieferung zufolge bald schon die ganze Bibel auswendig. Auch als Lehrerin bleibt sie der Schriftstellerei treu. 1833 gewinnt sie bei einem Literaturwettbewerb den ersten Preis. Drei Jahre später heiratet sie den Calvinisten Ellis Stowe und zieht mit ihm nach Cincinatti, wo die Gegner der Sklaverei ihren Hauptsitz haben. Bis dahin ist auch die Sklaverei für die siebenfache Mutter eher ein Problem des Südens.

Die Initialzündung für "Onkel Toms Hütte" ist das unt er Tränen erbrachte Geständnis ihrer Hausangestellten, eine entflohene Sklavin zu sein. Auch für Beecher-Stowe eine brisante Enthüllung: Immerhin existiert ein Gesetz, das auch Bewohner der Nordstaaten zu Rechenschaft zieht, wenn sie entflohenen Sklaven helfen. Statt ihre Bedienstete anzuzeigen, fasst Beecher-Stowe einen anderen Plan: "Ich werde schreiben wie ein Maler malt. Ich werde Bilder schaffen. Bilder beeindrucken. Gegen Bilder kann man nicht argumentieren."

Kleine Frau und großer Krieg

Ursprünglich hat Beecher-Stowe vor, ihre Fortsetzungsgeschichte auf ein paar Kapitel zu reduzieren. Aber dann gehen Hunderte von begeisterten, aber auch von kritischen Leserbriefen bei der "National Era" ein und ihre Mission erzeugt in der Autorin eine wahre Bilderflut, der ihr Schreiben beflügelt. Noch bevor 1852 der letzte Teil in der Zeitung erscheint, wird "Onkel Toms Hütte" zum Buch. Die ersten 5.000 Exemplare sind innerhalb von zwei Tagen vergriffen, bis zum Ende des Jahres sind es 300.000. Und auch in Deutschland, Holland, Frankreich und Spanien avanciert "Onkel Toms Hütte" zum Bestseller.

In den kaum industrialisierten Südstaaten, die von der Arbeit ihrer über vier Millionen schwarzen Sklaven vorwiegend auf den Baumwollfeldern leben, ist "Onkel Toms Hütte" zunächst verboten. Aber das kann den ungeheuren Erfolg des Buchs nicht schmälern. So hat Beecher-Stowe mit ihrer emotional hoch aufgeladenen Geschichte vom herzensguten Sklaven maßgeblich Anteil daran, dass die Stimmung zwischen Gegnern und Befürwortern der Sklaverei immer weiter hochkocht. Sie entlädt sich 1861 im Sezessionskrieg, der endlich die offizielle Befreiung bringt.

1862 wird Beecher-Stowe vom US-Präsidenten Abraham Lincoln ins Weiße Haus eingeladen. "Das also ist die kleine Frau", soll er zur Begrüßung gesagt haben, "die diesen großen Krieg verursacht hat."

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