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Richard-Wagner-Festspielhaus

22. Mai 1872 - Grundsteinlegung für das Richard-Wagner-Festspielhaus in Bayreuth

Stand: 28.04.2022, 14:52 Uhr

Richard Wagner hat klare Vorstellungen, wie seine Opern klingen sollen. Darum will der Komponist sein eigenes Festspielhaus bauen. Doch dafür braucht er Geld.

1864 lädt der bayerische König Ludwig II. den Komponisten Richard Wagner an seinen Hof ein. Der Herrscher verspricht dem verschuldeten Künstler Unterstützung. Wagner ist gerade auf der Flucht vor seinen Gläubigern. Die Einnahmen aus seinen Auftritten waren ausgeblieben.

Der königliche Mäzen will Wagner in München ein prachtvolles Opernhaus von Gottfried Semper bauen lassen. Doch der Komponist möchte nur "ein provisorisches Theater, so einfach wie möglich, vielleicht bloß aus Holz und nur auf künstlerische Zweckmäßigkeit berechnet".

Königlicher Millionen-Kredit

Doch die Pläne scheitern. Auf der Suche nach einem anderen Ort wird Wagner 1871 auf Bayreuth aufmerksam. Die Stadt bietet ihm ein Grundstück, und er engagiert den Architekten Otto Brückwald. Am 22. Mai 1872 - seinem 59. Geburtstag - setzt der Komponist den Grundstein.

Wagner baut ein Festspielhaus, das auf die Wirkung seiner mehrstündigen Oper und Musikdramen ausgerichtet ist: "Lohengrin", "Tannhäuser", "Die Meistersinger von Nürnberg", "Tristan und Isolde". König Ludwig hilft mit einem Millionen-Kredit.

Alles für die Akustik - Grundsteinlegung für das Richard-Wagner-Festspielhaus am 22. Mai 1872

WDR ZeitZeichen 22.05.2022 14:49 Min. Verfügbar bis 22.05.2099 WDR 5


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Alles für die Akustik

1873 ist Richtfest, ein Jahr später vollendet Wagner den "Ring der Nibelungen". Die Bühne dafür ist vorbereitet: Sie ist 27 Meter breit, 40 Meter tief, der Schnürboden für Kulissen und Technik befindet sich in 26 Meter Höhe. So können aufwendige Effekte inszeniert werden.

Die Musiker sitzen nicht vor, sondern unter der Bühne. Der Klang der Instrumente wird vom Orchestergraben auf die Bühne gelenkt, mischt sich dort mit den Gesangsstimmen und gelangt als Gesamtklang ins Auditorium. Hohlräume in Wänden und Fußboden unterstützen die Akustik.

Ludwig deckt Defizit

Die ersten Festspiele finden 1876 statt. Doch die Veranstaltungen verlaufen nicht nach Wunsch. Zwar kommen Gäste aus ganz Europa, es bleibt aber ein Minus von umgerechnet 1,5 Million Euro. König Ludwig II. muss wieder aushelfen.

Sechs Jahre lang steht das Festspielhaus leer. Wagner arbeitet an seinem letzten Werk. "Parsifal" wird 1882 bei den zweiten Bayreuther Festspielen uraufgeführt. Ein halbes Jahr später stirbt der Komponist in Venedig.

"Hitlers Hoftheater"

Danach wird das Festspielhaus zu einem Ort deutscher Geschichte: Adolf Hitler ist mit der Leiterin Winifred Wagner befreundet und ab 1925 mit seiner Propaganda präsent. Thomas Mann nennt das Haus deshalb "Hitlers Hoftheater".

1945 dirigiert der Operetten-Komponist Paul Lincke für die einquartierten Alliierten "Music you want to hear". 1949 erhält die Familie Wagner das Festspielhaus zurück.

Autor des Hörfunkbeitrags: Christian Kosfeld
Redaktion: David Rother

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 22. Mai 2022 an die Grundsteinlegung für das Richard-Wagner-Festspielhaus in Bayreuth. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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